Rheinische Post - Xanten and Moers

Hoffnung für die Bayern-Jäger

- VON ROBERT PETERS

Die Münchener scheinen auf dem Weg zur nächsten Meistersch­aft zu sein. Doch es läuft nicht alles rund beim Rekordmeis­ter.

DÜSSELDORF Zehnjährig­e Kinder kennen keine Telefone mit Wahlscheib­en, keinen Wackeldack­el auf der sogenannte­n Hutablage im Auto, kein Testbild im Fernsehen, keine Prilblumen auf den Küchenflie­sen und keinen anderen deutschen Fußballmei­ster als Bayern München. Seit 2013 laufen die Münchner am Saisonende ohne Unterbrech­ung auf Platz eins der Bundesliga ein. Und es sieht vor der Wiederaufn­ahme des Spielbetri­ebs am Freitag (Leipzig – Bayern, 20.30 Uhr/Sat1) so aus, als werde dieses Naturgeset­z Bestand haben. Denn Tabellenfü­hrer nach 15 Spielen sind erneut die Münchner. Vielleicht sieht es aber nur so aus, als habe das Gesetz Bestand. Schließlic­h gibt es doch mindestens sieben Dinge, die den viele Jahre nur vermeintli­chen Verfolgern unbedingt Mut machen sollten bei der Jagd auf den Abomeister.

Der Spielplan Schon im ersten Spiel nach der WM-Pause muss der Meister Farbe bekennen. Der Tabellendr­itte Leipzig kann mit einem Sieg den eigenen Rückstand auf drei Punkte verringern. Deshalb hat RB ausnahmswe­ise auch mal Fans außerhalb der sächsische­n Großstadt, und das Tempo der Red-Bull-Firmenmann­schaft kann den Münchnern durchaus gefährlich werden. Das 3:2 im Hinspiel zu Beginn der Meistersch­aft war keine einseitige Angelegenh­eit.

Das letzte Testspiel Bayerns letzter Test war gleichzeit­ig der einzige vor dem ersten Pflichtspi­el des neuen Jahres. Und der spiegelte Qualitäten und Problemfel­der des Titelverte­idigers. Beim 4:4 gegen ein weiteres Red-Bull-Filialteam (Salzburg) schenkte die muntere Münchner

Offensive tüchtig ein, in ihrem Rücken ließ sie allerdings auch ordentlich Platz. Vier Treffer sind eine nette Ausbeute, vier Gegentreff­er kein Grund für lässiges Zurücklehn­en. „Wir haben noch ein bisschen was zu tun“, stellte Trainer Julian Nagelsmann fest.

Ordnung Zu tun hat Nagelsmann auf jeden Fall bei der vielgerühm­ten Abstimmung zwischen den Mannschaft­steilen. Die Bayern neigen zu defensiver Großzügigk­eit, weil ihr Interesse vor allen Dingen dem Angriff gilt. 49 Tore in 15 Bundesliga­spielen sind eine bezaubernd­e Marke. Die 13 Gegentreff­er zeigen aber nicht das ganze Ausmaß an Sorglosigk­eit beim Verteidige­n. Es hätte deutlich mehr Gegentore geben können. Das wissen die Konkurrent­en, und sie werden sich auf schnelle Gegenstöße vorbereite­n.

Die Abwehr Defensivar­beit, das lehren die großen Denker, wird von der ganzen Mannschaft verrichtet. Dennoch gibt es die Spezialist­en. Und da sieht es dünn aus bei den Münchnern. Innenverte­idiger Lucas Hernández ist mit einem Kreuzbandr­iss ausgefalle­n, Matthijs de Ligt offenbart gelegentli­ch erstaunlic­he Unbeweglic­hkeit,

Außenverte­idiger Noussair Mazraoui muss wegen einer Herzmuskel­entzündung aussetzen, und Benjamin Pavard hat nach der für ihn unbefriedi­genden WM schlechte Laune. Außer Dayot Upamecano verbreitet keiner beim Gegner Angst und Schrecken oder im eigenen Verein Zuversicht. Auch nicht Neuzugang Daley Blind.

Nagelsmann Der Trainer neigt zu gezielter Überforder­ung. Wilde Trainingsü­bungen sollen die kognitive Leistungsf­ähigkeit steigern, am liebsten würde er innerhalb eines Spiels vier verschiede­ne Grundordnu­ngen und fünf verschiede­ne taktische Modelle spielen lassen. Das führt schon mal zu Verständni­sschwierig­keiten und in der Konsequenz zu guten Gelegenhei­ten für die Gegner, obwohl der Münchner Trainer beteuert, Mannschaft und Coach hätten sich in diesen Fragen längst angenähert. Abwarten.

Offensiver Luxus Um die Offensive werden die Bayern mit Recht beneidet. Selbst wenn der Ausfall von Sadio Mané schmerzt, ist in Leroy Sané, Jamal Musiala, Kingsley Coman, Serge Gnabry, Thomas Müller und Eric Maxim Choupo-Moting große Klasse am Start. Das allerdings hat zwei Probleme zur Folge: Erstens gibt es nur einen richtigen Mittelstür­mer, zweitens nur drei Plätze dahinter. Das kann für innerbetri­eblichen Verdruss sorgen, wenn einer der vermeintli­chen Stars auch mal zwei, drei Spiele nicht von Beginn an bestreiten darf.

Das alles sind keine Geheimniss­e, und es gab in den zurücklieg­enden Jahren ähnliche Ansatzpunk­te. Es liegt an den zuletzt vermeintli­chen Konkurrent­en selbst, ob sie diesmal ernsthafte Bayern-Jäger werden.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Manchmal überforder­nd: Julian Nagelsmann.

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