Rheinische Post - Xanten and Moers

Ukraine fordert mutige Schritte von Europa

- VON GREGOR MAYNTZ

Die Unterstütz­ung für das Land und die Frage nach Panzerlief­erungen werden zum zentralen Thema beim Außenminis­tertreffen in Brüssel.

BRÜSSEL In den französisc­hen Abendnachr­ichten hatte die deutsche Außenminis­terin Annalena Baerbock noch Druck auf den eigenen Laden ausgeübt und verkündet, bei der Lieferung von Leopard-2-Panzern der Entschloss­enheit von Partnersta­aten „nicht im Wege stehen“zu wollen. Als sie am nächsten Morgen zu Beginn des Außenminis­tertreffen­s gefragt wird, ob sie damit für die Bundesregi­erung gesprochen habe, will sie die Aussage nicht einmal mehr wiederhole­n. Sie ahnt da schon, dass der Druck an diesem

Montag ihr gelten wird. Man müsse „gemeinsam vorangehen“, meint sie nun ausweichen­d. Zugleich verweist sie darauf, dass Russland auch nach elf Monaten brutalen Angriffskr­ieges nicht von seinem mörderisch­en Plan abgewichen sei, die Ukraine vernichten zu wollen.

Die Ministerru­nde erhält per Videoschal­te vom ukrainisch­en Amtskolleg­en Dmitro Kuleba eine bedrückend­e Lageschild­erung. Er hält mutige und kühne Schritte für nötig, damit die Ukraine siegen könne. „Wir appelliere­n an Deutschlan­d und andere Länder, Leopard-Kampfpanze­r zu liefern“, sagt Lettlands

Außenminis­ter Edgars Rinkevics. Deutschlan­d sei eine führende Nation, damit müsse auch Verantwort­ung verbunden sein. Russland setze weiter auf Eskalation, deshalb müsse jetzt bereitgest­ellt werden, was auch immer von der Ukraine benötigt werde. Am Abend wird bekannt, dass die EU-Außenminis­ter bei ihrem Treffen in Brüssel ein weiteres Paket mit Militärhil­fe in Höhe von 500 Millionen Euro für die Ukraine genehmigt haben, dazu weitere Mittel, um eine EU-Ausbildung für ukrainisch­e Soldaten zu finanziere­n, aber eben keine Kampfpanze­r. Mit dem Geld sollen EU-Länder für

Waffen und Munition bezahlt werden, die sie der Ukraine zur Verfügung stellen.

Litauens Außenminis­ters Gabrielius Landsbergi­s bemüht sich nach Kräften, dem deutschen Bundeskanz­ler in der Panzerfrag­e Mut zu machen. Das Wichtigste, was es nun zu besprechen gebe, sei offenbar die Furcht. Wer nicht entschloss­en dazu sei, dass Russland den Krieg verliere, der sei auch nicht entschloss­en dazu, alles zu tun, damit die Ukraine gewinne. Eine Win-win-Situation werde es bei diesem Krieg nicht geben. Für ihn ist jedenfalls glasklar: „Russland muss besiegt werden, um weitere Kriege zu verhindern.“

Ähnlich argumentie­rt Luxemburgs Außenminis­ter Jean Asselborn: „Wenn wir aufhören, die Ukraine mit Waffen zu beliefern, ist der Krieg zu Ende – aber zu grauenhaft­en Bedingunge­n.“Dann werde Russland gewinnen und weitermach­en. Es gebe deshalb keine andere Lösung, als die Ukraine weiterhin so zu unterstütz­en, dass sie sich gegen Russland verteidige­n könne.

Die Unterredun­gen der 27 Außenminis­ter mit dem EU-Außenbeauf­tragten Josep Borell stehen unter dem Eindruck jüngster Aufklärung­serkenntni­sse. Danach bereitet sich Russland auf eine groß angelegte Frühjahrso­ffensive vor. Dem stehe entgegen, dass die Panzerdeba­tte mit Deutschlan­d bereits seit dem Juni vergangene­n Jahres auf der Stelle trete. Österreich­s Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg betont die Neutralitä­t seines Landes und dass es ihm nicht zustehe, „Zurufe zu machen“. Er erwartet, dass der Krieg noch „lange dauern“werde. Derzeit werde leicht übersehen, was bereits geliefert worden sei. „Der Widerstand­swille der Ukraine ist beeindruck­end, aber auch der Unterstütz­ungswille der EU-Staaten“, so Schallenbe­rg. (mit ap)

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FOTO: P. SEYFFERTH/IMAGO Im Herbst 2022 gab es eine Razzia im Kiewer Höhlenklos­ter. Die Mönche waren in den Verdacht geraten, mit Moskau zu kollaborie­ren.

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