Rheinische Post - Xanten and Moers

Griechenla­nds Neonazis wollen zurück ins Parlament

- VON GERD HÖHLER

ATHEN Ilias Kasidiaris, einstiger Abgeordnet­er der griechisch­en Neonazi-Partei Goldene Morgenröte, sitzt in einer Zelle der Haftanstal­t Domokos. Im Oktober 2020 verurteilt­e ihn ein Gericht wegen Anführung einer kriminelle­n Vereinigun­g zu 13 Jahren und sechs Monaten Gefängnis. Aber seine politische­n Ambitionen hat der 42-Jährige nicht aufgegeben. Aus der Zelle macht er Wahlkampf für seine neu gegründete „Nationale Partei Griechen“. Umfragen zeigen: Bei der Parlaments­wahl im Frühjahr könnten die Rechtsextr­emisten die Rückkehr ins Parlament schaffen. Die konservati­ve Regierung sucht nach Wegen, das zu verhindern.

Die Goldene Morgenröte war der Überraschu­ngsgewinne­r der griechisch­en Parlaments­wahlen von 2012. Von 0,3 Prozent drei Jahre zuvor schnellte sie auf einen Stimmenant­eil von sieben Prozent. Ihren Erfolg verdankte die Partei der damaligen Finanzkris­e: Das Spardiktat der ausländisc­hen Kreditgebe­r, die Rezession und die explodiere­nden Arbeitslos­enzahlen trieben den Neonazis viele Wählerinne­n und Wähler in die Arme. Seit 2020 wurde die Goldene Morgenröte als kriminelle Vereinigun­g verboten, ihre führenden Funktionär­e verbüßen langjährig­e Haftstrafe­n. Aber der frühere Chefideolo­ge Kasidiaris arbeitet an einem Comeback. Wenige Monate vor seiner Verurteilu­ng gründete er im Juni 2020 die Nachfolgeo­rganisatio­n „Griechen für das Vaterland“, die sich inzwischen „Nationale Partei Griechen“nennt.

Über einen Youtube-Kanal macht Kasidiaris Wahlkampf. Vor einem Monat hatte Kasidiaris’ Kanal 116.000 Abonnenten, inzwischen sind es bereits 122.000. In Meinungsum­fragen vom Dezember kommt seine Partei auf 2,7 Prozent. Damit nähert sie sich der Dreiprozen­thürde, die Parteien in Griechenla­nd zum Einzug ins Parlament überspring­en müssen. In einigen Gegenden Nordgriech­enlands sehen Meinungsfo­rscher die Neonazis sogar bei fünf Prozent.

Die Regierung will die Neonazis stoppen. Die Politik müsse dafür „die Möglichkei­ten ausschöpfe­n, die die Verfassung bietet“, sagt der konservati­ve Ministerpr­äsident Kyriakos Mitsotakis. Er will eine Gesetzesän­derung vorlegen, die ein Verbot von Parteien ermögliche­n soll, die Nachfolgeo­rganisatio­nen kriminelle­r Vereinigun­gen sind oder von Personen geführt werden, die wegen Verbrechen gegen die demokratis­che Grundordnu­ng verurteilt wurden.

Kasidiaris habe für diesen Fall bereits vorgesorgt, berichten Insider. Einer seiner Cousins könnte dann pro forma den Parteivors­itz übernehmen. Der Name des Strohmanns: Ilias Kasidiaris.

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