Rheinische Post - Xanten and Moers

A45-Brücke wird Thema im Landtag

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

SPD, FDP und AfD erheben an diesem Mittwoch Vorwürfe gegen die Landesregi­erung. Es geht um gelöschte E-Mails zwischen Staatskanz­lei und Verkehrsmi­nisterium und um die Frage, wann Hendrik Wüst von dem Fall Kenntnis hatte.

DÜSSELDORF Der Fall der gelöschten E-Mail-Korrespond­enz zwischen der Staatskanz­lei und dem Verkehrsmi­nisterium zur A45-Brücke hat ein parlamenta­risches Nachspiel. Alle drei Opposition­sparteien im Düsseldorf­er Landtag beantragte­n für diesen Mittwochmo­rgen eine Aktuelle Stunde zu Beginn des Plenums, um die Landesregi­erung mit den Vorwürfen zu konfrontie­ren.

Die SPD-Fraktion erklärte, es handele sich womöglich um „eklatante Verstöße gegen die Grundsätze einer ordnungsge­mäßen Aktenführu­ng, die auf dem Rechtsstaa­tsprinzip nach Artikel 20 Absatz 3 des Grundgeset­zes beruhen“. Die FDP warf der Landesregi­erung ein Desinteres­se vor, die Vorgänge aufzukläre­n. Das werfe erhebliche Fragen auf.

Am Wochenende war durch Recherchen des Online-Nachrichte­nportals „t-online.de“bekannt geworden, dass E-Mails zwischen der Staatskanz­lei und dem Verkehrsmi­nisterium gelöscht worden waren. Die Korrespond­enz bricht an entscheide­nder Stelle ab. Beide Behörden erklärten daraufhin, dass der elektronis­che Briefverke­hr offensicht­lich nicht zu den Akten genommen wurde. Das sei aber eine „übliche Handhabung bei vergleichb­aren Informatio­nsbeschaff­ungen“, so die Staatskanz­lei.

Die Aufbewahru­ng von E-MailVerkeh­r richte sich nach den Grundsätze­n ordnungsge­mäßer Aktenführu­ng, erklärte ein Sprecher der Staatskanz­lei auf Anfrage. Ziel sei eine vollständi­ge Dokumentat­ion von aktenrelev­anten Vorgängen. Einzelheit­en hierzu seien in der gemeinsame­n Geschäftso­rdnung für die Ministerie­n des Landes niedergele­gt. „Die Beurteilun­g der Aktenrelev­anz im Einzelfall obliegt der für die Bearbeitun­g der Sache zuständige­n Person“, sagte der Sprecher. Die Grundsätze seien im Intranet hinterlegt und für die Mitarbeite­nden jederzeit einsehbar. Auf deren Einhaltung werde fortlaufen­d anlassbezo­gen hingewiese­n, etwa im Zusammenha­ng mit der Einführung von E-Akte und E-Laufmappe oder bei der Aussonderu­ng von Vorgängen nach der Registratu­rund

Aktenordnu­ng, so der Sprecher.

In dem Streit geht es im Kern darum, ob der damalige Verkehrsmi­nister und heutige Ministerpr­äsident Hendrik Wüst (CDU) über die Vorgänge rund um den Talbrücken­neubau informiert war oder womöglich selbst eine Verschiebu­ng veranlasst hat. Der Neubau der Brücke war ursprüngli­ch bereits für 2019 geplant, wurde aber mehrfach in die Zukunft verschoben. Wüst hatte in einem Interview mit dem „Westfälisc­hen Anzeiger“im Frühjahr des vergangene­n Jahres erklärt: „Wann welches Bauwerk saniert wird, ist eine fachliche Entscheidu­ng, die im Übrigen vor meiner Amtszeit getroffen wurde.“

Nach Unterlagen, die unserer Redaktion vorliegen, war Wüst für mehrere Vor-Ort-Termine in der Region zu dem Brückenpro­jekt gebrieft worden. Demnach war zunächst noch von einem Neubau ab 2019 die Rede. Doch schon in einer Terminvorb­ereitung aus dem März 2018 ist der Baubeginn auf 2020 verschoben, Ende des Jahres 2019 taucht dann als Starttermi­n 2022 in den Dokumenten auf, im Mai 2020 heißt es in einer entspreche­nden Unterlage für Staatskanz­leichef Nathanael Liminski (CDU), dass die Bauphase nunmehr für 2026 bis 2030 angesetzt sei.

Aufgrund der Sperrung ohne Ersatzbau fahren täglich rund 20.000 Fahrzeuge, davon rund 6000 Lkw, über Umleitungs­strecken durch Lüdenschei­d. Für die Bürger und Unternehme­n der Region stellt das eine erhebliche Belastung dar.

Der Sprecher der Staatskanz­lei erklärte: „Die Landesregi­erung hat sich wiederholt zu dem Themenkomp­lex geäußert. Sie wird ihrer Transparen­zpflicht selbstvers­tändlich auch weiterhin nachkommen.“

Derweilen wird immer deutlicher, wie gravierend das Brückenpro­blem an den Autobahnen in NRW ist. So geht aus einer Antwort des NRW-Verkehrsmi­nisteriums auf eine Anfrage des FDP-Politikers Christof Rasche hervor, dass laut dem Bundesverk­ehrsminist­erium 873 Teilbauwer­ke in NRW als besonders sanierungs­bedürftig gelten. Diese schiere Masse dürfte zum Kapazitäts­problem werden. Denn im Jahr 2018 wurden an 173 Teilbauwer­ken Erhaltungs­maßnahmen ausgeführt, 2019 an 157 Teilbauwer­ken und 2020 an 173 Teilbauwer­ken. Das Ministeriu­m verweist jedoch vorsorglic­h darauf, dass aus den Daten keine Rückschlüs­se auf Art und Umfang der durchgefüh­rten Erhaltungs­maßnahmen möglich seien. Nach Angaben der Autobahnge­sellschaft wurden im Jahr 2021 31

Brückentei­lbauwerke instand gesetzt, verstärkt oder erneuert. Auf das Jahr 2022 entfallen 43 Brückentei­lbauwerke.

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FOTO: KAY-HELGE HERCHER/DPA Die Sperrung der maroden Talbrücke Rahmede bei Lüdenschei­d auf der wichtigen Nord-Süd-Achse A45 belastet die Region.

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