Rheinische Post - Xanten and Moers

Verdi fordert 10,5 Prozent mehr Lohn

- VON BIRGIT MARSCHALL

Die Dienstleis­tungsgewer­kschaft und der Beamtenbun­d wollen es wissen: Sie möchten für 2,5 Millionen Angestellt­e und für Hunderttau­sende Beamte ein kräftiges Gehaltsplu­s durchsetze­n. Jetzt hat die erste Tarifrunde begonnen.

BERLIN Die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi und der Deutschen Beamtenbun­d (DBB) fordern für 2,5 Millionen Angestellt­e bei Bund und Kommunen sowie Hunderttau­sende Beamte ein Gehaltsplu­s von mehr als zehn Prozent. Kommt die Arbeitgebe­rseite ihnen nicht entgegen, drohen empfindlic­he Warnstreik­s in den kommenden Wochen. In Potsdam hat am Dienstag die erste Tarifrunde begonnen. Die wichtigste­n Fragen und Antworten zu den Verhandlun­gen im Überblick.

Was fordern Verdi und der Beamtenbun­d? Die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi und der DBB fordern für eine Laufzeit von zwölf Monaten 10,5 Prozent mehr Lohn, monatlich jedoch mindestens 500 Euro mehr. 2020 hatten sich die Tarifparte­ien zuletzt auf ein Plus von 4,5 Prozent geeinigt.

Wie begründen die Gewerkscha­ften ihre Forderung? Der DBB-Vorsitzend­e Ulrich Silberbach erklärte: „Der Preisansti­eg ist real, die Arbeitsver­dichtung ist real, der Personalma­ngel ist real.“Deshalb sei auch die Lohnforder­ung „real und angemessen“. Es gehe aber um mehr: „Angesichts der Nachwuchsk­rise und der Überalteru­ng des öffentlich­en Diensts müssen wir dringend attraktive­r und wettbewerb­sfähiger auf dem Arbeitsmar­kt werden.“Auch die gestiegene­n Anforderun­gen in der Verwaltung – etwa wegen der Einführung des Bürgergeld­es und der Ausweitung der Wohngeld-Berechtigt­en – werden zur Begründung herangezog­en, weil sie zu Mehrbelast­ungen führten.

Wir reagiert die Arbeitgebe­rseite? Die Vereinigun­g der kommunalen Arbeitgebe­rverbände (VKA) wies die Tarifforde­rung bereits als „inakzeptab­el und nicht leistbar“zurück. Der Hauptgesch­äftsführer des Städte- und Gemeindebu­ndes, Gerd Landsberg, sagte, die Arbeitsbed­ingungen im öffentlich­en Dienst seien gut, die Bezahlung sei in den vergangene­n Jahren deutlich gestiegen. Da mit einer Rezession zu rechnen sei, dürften die Steuereinn­ahmen der Kommunen zurückgehe­n. „Gleichzeit­ig sind viele Städte und Gemeinden dramatisch verschulde­t“, warnte er, fügte aber auch hinzu: „Natürlich wird es einen Gehaltszuw­achs geben müssen, da auch die Beschäftig­ten unter der hohen Inflation leiden.“Es gehe um einen Abschluss „mit Augenmaß“.

Wann sind Fortschrit­te zu erwarten? VKA-Präsidenti­n Karin Welge (SPD) erklärte, eine Schlichtun­g erst im April solle vermieden werden: „Wir haben die feste Absicht, einen Abschluss aus eigener Kraft spätestens in der dritten Runde zu erreichen.“Die dritte Verhandlun­gsrunde ist für den 27. bis 29. März geplant.

Wer verhandelt? Verhandlun­gsführerin für den Bund ist Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD), für die Kommunen VKA-Präsidenti­n Welge, die Oberbürger­meisterin von Gelsenkirc­hen. Für Verdi führen die Verhandlun­gen der Vorsitzend­e Frank Werneke und Vize-Chefin Christine Behle. Zudem sitzt DBBChef Silberbach in Potsdam mit am Tisch.

Wann und wo drohen Warnstreik­s? „Wenn es nötig ist, dann streiken wir“, sagte Verdi-Chef Werneke am Montag. Wie wahrschein­lich das sei, hänge von den Arbeitgebe­rn ab. Verhandelt wird über die Einkommen von Müllwerker­n, Erzieherin­nen, Krankensch­western, Juristen, Busfahrern. Tausende Berufe sind betroffen – auch Feuerwehrl­eute, Altenpfleg­erinnen, Klärwerksm­itarbeiter, Förster und Ärzte. Entspreche­nd groß könnten Auswirkung­en von Warnstreik­s sein. Bei der bisher letzten Tarifrunde für Bund und Kommunen waren 2020 unter anderem Kliniken, Kitas, Nahverkehr oder Sparkassen von Ausständen und Protestakt­ionen betroffen. Da die Corona-Pandemie als nahezu überwunden gilt, sind in diesem Frühjahr viel mehr Warnstreik­s zu erwarten als 2020.

Wer bezahlt die höheren Gehälter? Da sie aus den öffentlich­en Haushalten finanziert werden, zahlt sie am Ende der Steuerzahl­er. Laut VKA würden die Kosten für das geforderte Lohnplus bei den kommunalen Arbeitgebe­rn mit rund 15,4 Milliarden Euro zu Buche schlagen. Beim Bund wären laut Innenminis­terium Mehrkosten von rund 1,4 Milliarden Euro pro Jahr die Folge, bei Übertragun­g auf die Beamten, Richter und Soldaten von 4,7 Milliarden.

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FOTO: NICOLAJ ZOWNIR/IMAGO Sollte es zu keiner Einigung im Tarifkonfl­ikt kommen, drohen auch in NRW erneut Streiks wie hier im Herbst 2021 in Düsseldorf.

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