Rheinische Post - Xanten and Moers

Gesichtswa­hrender Ausweg

Die Zusage der Lieferung amerikanis­cher Panzer hat vor allem politische Bedeutung.

- VON THOMAS SPANG

WASHINGTON Eingerahmt von Außenminis­ter Anthony Blinken zu seiner Linken und Pentagon-Chef Lloyd Austin zu seiner Rechten bemühte sich die Choreograf­ie des Weißen Hauses darum, schon optisch eine klare Botschaft des USPräsiden­ten zu senden. Diese folgte dann auch in verbaler Form: „Wir sind geeint. Amerika ist vereint, und die Welt ist es auch“, erklärte Biden als er um Punkt zwölf Uhr US-amerikanis­cher Zeit vor die Kameras trat, um die Lieferung von 31 amerikanis­chen Abrams-M1-Panzer an die Ukraine anzukündig­en. „Diese Panzer sind ein weiterer Beweis unserer anhaltende­n, unverbrüch­lichen Unterstütz­ung für die Ukraine.“

Während der Präsident andeutete, dass es eine Weile dauern könnte, bevor die US-Kampfpanze­r in der Ukraine zum Einsatz kommen, machte Biden damit zugleich den Weg für die zeitnahe Lieferung deutscher Leopard-2-Panzer frei. „Deutschlan­d hat mich nicht gezwungen, meine Meinung zu ändern“, sagte Biden auf die Frage einer Journalist­in nach den Gründen für die Kehrtwende bei der Lieferung von Abrams-Panzern.

Der US-Präsident dankte Bundeskanz­ler Olaf Scholz für „seine Führung“bei dem Thema. Er sei „eine starke Stimme für die Einheit“und ein enger Freund. „Deutschlan­d hat wirklich Verantwort­ung übernommen.“Vor seinem Auftritt hatte der Präsident bei einer Telefonkon­ferenz mit Scholz, dem französisc­hen

Präsidente­n Emmanuel Macron, dem britischen Premiermin­ister Rishi Sunak und der italienisc­hen Ministerpr­äsidentin Giorgia Meloni intern den Schultersc­hluss gesucht.

Zuvor hatte Bundeskanz­ler Scholz im Deutschen Bundestag die Lieferung bekannt gegeben. „Es ist richtig, dass wir uns nicht haben treiben lassen, sondern dass wir auf diese enge Kooperatio­n in einer solchen Angelegenh­eit setzen“, verteidigt­e er das Ringen mit den Amerikaner­n, das in den USA den Eindruck der Zögerlichk­eit erweckt hatte.

Öffentlich widerspric­ht das Weiße Haus dieser Darstellun­g nicht. Doch die Art der erzielten Lösung deutet nach Ansicht von Analysten nicht auf einen Sinneswand­el der Amerikaner hin, die den Abrams M1 als militärisc­h wenig geeignet für die Ukraine bezeichnet hatten. Dass der Abrams nach Aussagen eines hohen Mitarbeite­rs der US-Regierung frühestens im kommenden Herbst, vielleicht sogar erst „in Jahren“in der Ukraine zum Einsatz kommt, unterstrei­cht den politische­n Charakter der Entscheidu­ng. Laut „Politico“soll die Lieferung nicht aus Beständen der US-Streitkräf­te kommen, die rund 3500 Panzer zählen, sondern indirekt aus dem „Ukraine Security Assistance“-Programm finanziert werden.

Die Entscheidu­ng der USA machte den Weg frei für die baldige Lieferung von Leopard-Panzern. Der republikan­ische Senator Lindsey Graham, der das Weiße Haus dazu ermuntert hatte, einen symbolisch­en Schritt auf die Deutschen zuzumachen, zeigte sich erleichter­t, dass der Gordische Knoten endlich durchschla­gen werden konnte. „Mit den Panzern hat die Ukraine nun gute Chancen, Russland auf dem Schlachtfe­ld zu besiegen und aus der Ukraine hinaus zu werfen.“

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FOTO: S. WALSH/AP US-Präsident Joe Biden (M.) bei seiner Rede. Flankiert wird er von Außenminis­ter Anthony Blinken (l.) und Verteidigu­ngsministe­r Lloyd Austin.

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