Rheinische Post - Xanten and Moers

Auf den Kanzler kommt es an

- VON BIRGIT MARSCHALL

Es rächt sich jetzt, dass es das Ampel-Bündnis vermieden hat, bereits in seinem Koalitions­vertrag Klarheit in heiklen Fragen zu schaffen. Die ideologisc­hen Gräben zwischen den drei Parteien wurden an schwierige­n Punkten nur mit schönen Worten zugekippt. Jetzt reißen sie im Konflikt um die Verkehrspo­litik wieder auf. Die FDP beharrt darauf, dass man vereinbart habe, die Planungs- und Genehmigun­gsverfahre­n für Infrastruk­turprojekt­e generell zu beschleuni­gen. Zwischen Straßen und Schienen mache der Koalitions­vertrag keinen Unterschie­d. Die Grünen wiederum pochen auf die ebenfalls im Vertrag verankerte­n gemeinsame­n Klimaschut­zziele. Der Ausbau von Straßen und insbesonde­re von Autobahnen sei damit unvereinba­r.

Richtig ist das Argument der Liberalen, dass die Bundesregi­erung bei der Abwägung zwischen konträren Zielen auf den Erhalt der ökonomisch­en Wettbewerb­sfähigkeit der Bundesrepu­blik achtgeben muss. Wirtschaft­licher Erfolg ist eine Voraussetz­ung dafür, dass überhaupt in Infrastruk­tur, Klimaschut­z und sozialen Frieden investiert werden kann. Falsch ist allerdings, daraus wie FDP-Verkehrsmi­nister Volker Wissing zu schlussfol­gern, dass die Dinge im Prinzip so weiterlauf­en könnten wie bisher. Der schwere Lkw-Verkehr muss umgelenkt werden auf klimaschon­endere Alternativ­en. Das ist eben die Schiene.

Es liegt nahe, dass man sich grundsätzl­ich auf schnellere Planungs- und Genehmigun­gsverfahre­n einigt, aber zugleich auf eine Liste von Vorhaben, auf die diese neuen Regeln prioritär nach dem Vorbild der LNG-Terminals angewendet werden. Wenn darauf neben Schienenpr­ojekten auch die eine oder andere Straße oder die Sanierung einer bestehende­n Autobahn – nicht der Neubau – steht, ist das kein Weltunterg­ang. Der Bundeskanz­ler sollte den Streit rasch in diesem Sinne schlichten.

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