Rheinische Post - Xanten and Moers
Auf den Kanzler kommt es an
Es rächt sich jetzt, dass es das Ampel-Bündnis vermieden hat, bereits in seinem Koalitionsvertrag Klarheit in heiklen Fragen zu schaffen. Die ideologischen Gräben zwischen den drei Parteien wurden an schwierigen Punkten nur mit schönen Worten zugekippt. Jetzt reißen sie im Konflikt um die Verkehrspolitik wieder auf. Die FDP beharrt darauf, dass man vereinbart habe, die Planungs- und Genehmigungsverfahren für Infrastrukturprojekte generell zu beschleunigen. Zwischen Straßen und Schienen mache der Koalitionsvertrag keinen Unterschied. Die Grünen wiederum pochen auf die ebenfalls im Vertrag verankerten gemeinsamen Klimaschutzziele. Der Ausbau von Straßen und insbesondere von Autobahnen sei damit unvereinbar.
Richtig ist das Argument der Liberalen, dass die Bundesregierung bei der Abwägung zwischen konträren Zielen auf den Erhalt der ökonomischen Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik achtgeben muss. Wirtschaftlicher Erfolg ist eine Voraussetzung dafür, dass überhaupt in Infrastruktur, Klimaschutz und sozialen Frieden investiert werden kann. Falsch ist allerdings, daraus wie FDP-Verkehrsminister Volker Wissing zu schlussfolgern, dass die Dinge im Prinzip so weiterlaufen könnten wie bisher. Der schwere Lkw-Verkehr muss umgelenkt werden auf klimaschonendere Alternativen. Das ist eben die Schiene.
Es liegt nahe, dass man sich grundsätzlich auf schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren einigt, aber zugleich auf eine Liste von Vorhaben, auf die diese neuen Regeln prioritär nach dem Vorbild der LNG-Terminals angewendet werden. Wenn darauf neben Schienenprojekten auch die eine oder andere Straße oder die Sanierung einer bestehenden Autobahn – nicht der Neubau – steht, ist das kein Weltuntergang. Der Bundeskanzler sollte den Streit rasch in diesem Sinne schlichten.