Rheinische Post - Xanten and Moers
Streit um Fluglärm zieht sich in die Länge
Das NRW-Verkehrsministerium lässt sich beim Überprüfen von Vorgaben laut Kritikern zu viel Zeit.
DÜSSELDORF Nur wenige Themen sind rund um den Flughafen Düsseldorf so umstritten wie der Lärmschutz. Einerseits werden dieses Jahr wohl rund 20 Millionen Menschen vom größten Airport des Landes aus wieder Reisen antreten, andererseits hatten gegen die beantragten höheren Kapazitäten rund 40.000 Menschen Einwendung gemacht, weil sie noch mehr Krach befürchten.
Obwohl der Fluglärmschutz also oben auf der Prioritätenliste der Politik stehen sollte, hat das NRWVerkehrsministerium ein wichtiges Verfahren zum Lärmschutz auffällig lange vor sich hergeschoben: Am 25. Oktober 2011 wurde die Fluglärmschutzverordnung für den Airport Düsseldorf erlassen, zehn Jahre später war laut dem Bundesgesetz gegen Fluglärm eine Überprüfung nötig, doch das alte Regelwerk wurde bislang nicht angepasst.
„Im Oktober 2021 wäre eine neue Verordnung notwendig gewesen“, kritisiert Werner Kindsmüller,
Sprecher der Bürgerinitiative Kaarster gegen Fluglärm. „Es ist inakzeptabel, dass da nichts geschehen ist. Das untergräbt den Schutz der unter Fluglärm leidenden Menschen, eventuell hätte eine neue Verordnung ja weitere Ansprüche auf Lärmschutz festgestellt.“
Der Ex-Manager der NRW-Bank hat sich per Akteneinsicht eine interessante Information besorgt: Schon im Juni 2017 warnte das Landesamt für Natur- und Umweltschutz (Lanuv), dass sich die Flugbewegungen am Airport Düsseldorf so verändert hätten, dass die Lärmschutzgebiete eventuell neu berechnet werden müssten. Eine „intensivere Nutzung der Nordbahn während der Nachtzeit“sei zu vermelden, hieß es in einer Mail vom 16. Juni 2017, die unserer Redaktion vorliegt, es gebe eine „Verlagerung des Flottenmix zu größeren (lauteren) Flugzeugtypen“und mehr Nachtflüge.
Der Flughafen und das NRW-Verkehrsministerium, das seit Juni 2022 von dem Grünen Oliver Krischer geleitet wird, halten es für korrekt, dass die alte Verordnung unverändert in Kraft ist. Das Gesetz würde nur eine Überprüfung spätestens nach zehn Jahren festlegen, erklärt das Ministerium. Tatsächlich habe man die Überprüfung schon 2016 eingeleitet, indem man den Flughafen damals bat, „ein neues Datenerfassungssystem zu erstellen, um dieses mit dem bisherigen vergleichen zu können.“Damit habe man das Gesetz angeblich übererfüllt. Doch dann habe das Ministerium entschieden, abzuwarten, wie das Verfahren zur Ausweitung der Kapazitäten
ende, bevor die neue Verordnung komme.
Der Airport erklärt, in Verbindung mit dem Antrag auf mehr Kapazitäten habe er ein neues „Datenerfassungssystem mit einem ausreichenden Prognosehorizont vorgelegt, das zur Beurteilung der zu erwartenden Lärmbelastung“genutzt werden könne. Das Schallschutzprogramm gehe „am Tage über die gesetzlichen Regelungen hinaus.“
Kritisch gegenüber der vermeintlich lahmen Arbeitsweise des Ministeriums gibt sich Olaf Methner von der Anwaltskanzlei Baum, Reiter & Collegen: „Rein formal kann man das Gesetz so auslegen, dass man nun eben prüft, ob man die alte Verordnung ändert, ohne dass es bereits ein zeitnahes Ergebnis gibt“, sagt der Jurist. „Aber wenn es in dem Gesetz ja darum geht, die Folgen von Fluglärm im Interesse der Anwohner zu begrenzen und hierfür aktuelle Anpassungen vorzunehmen, wäre etwas mehr Tempo zumindest politisch gesehen durchaus angebracht.“