Rheinische Post - Xanten and Moers
Erstes Urteil im Rocker-Prozess gefallen
Das erste von zwei Verfahren im Rockermord-Prozess endete am Freitag mit dem Urteil. Unterdessen soll der Kronzeuge bedroht und beleidigt worden sein.
Der erste Angeklagte im Duisburger Rockermord-Prozess ist freigesprochen. Kadir Y. kann keine Beteiligung an einem Mordanschlag auf einen damals 25-jährigen Duisburger Bandido nachgewiesen werden. Das entschied das Landgericht Duisburg am Freitag. Vorangegangen war die Abtrennung des Verfahrens vom Prozess um den mutmaßlichen Stückelmord an Hells Angel Kai M. Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten zuvor ebenfalls den Freispruch von Kadir Y. beantragt.
„Was unterm Strich bleibt, waren Vermutungen und Spekulationen“, sagte der Richter in seiner Urteilsbegründung. Als im November 2013 der regionale BandidosVizepräsident in Oberhausen von vier Schüssen getroffen wurde, sollte laut Anklage Kadir Y. eine Mercedes-A-Klasse
gesteuert haben, mit der dem an der roten Ampel stehenden Opfer der Fluchtweg versperrt wurde. Grundlage für die Anklage waren Funkzellendaten vom Tatort und die Annahme, dass Y. Hauptnutzer des dort beobachteten Wagens sei. Laut Funkzellen waren jedoch während der Tat gleich elf Hells Angels in der Gegend und auch das Auto soll in der Vergangenheit von gleich mehreren wechselnden Personen genutzt worden sein.
Die Rechtsanwälte von Kadir Y. kritisierten in ihren Plädoyers vor allem die Polizei, die durch „ein absolut reines Hirngespinst“ihren Mandanten zum dringend Tatverdächtigen gemacht habe. Das Gericht entschied zudem, dass Y. für die Untersuchungshaft und die Durchsuchungsmaßnahmen in seinem Zuhause entschädigt werden soll.
Während die Zweifel an der Schuld des Mülheimers so deutlich wurden, dass sie nun zum Freispruch führten, ist die Staatsanwaltschaft von der Tatbeteiligung zweier anderer Hells Angels weiterhin überzeugt. Mustafa H. soll in Oberhausen geschossen, Mönchengladbachs Rocker-Boss Ramin Y. bei der Tat geholfen haben. Beide sind jedoch auf der Flucht vor der deutschen Justiz im Ausland abgetaucht.
Als das Urteil gegen Kadir Y. gesprochen wurde, herrschte in Saal 157 des Duisburger Landgerichts ungewohnte Ruhe. Die üblichen Sicherheitsvorkehrungen waren bereits abgebaut. Auf der sonst so vollen Anklagebank saßen nur noch Y. und seine Verteidiger. Nicht einmal zwei Stunden vergingen zwischen dem Antrag auf Abtrennung des Verfahrens gegen Y. und dem Freispruch.
Am Morgen, als noch beide Verfahren eins waren, bot der Rockermord-Prozess
wieder das fast schon gewohnte Chaos. Oder wie es der Richter vor der Mittagspause sagte: „Das Ganze war hier schon wieder bizarr genug heute.“Einer der letzten beiden Zeugen im Fall Kadir Y. hatte zunächst von seinem Aussageverweigerungsrecht gebraucht gemacht und danach offenbar den Mönchengladbacher Kronzeugen außerhalb des Saals bedroht und beleidigt.
Die Folge: Der 43-Jährige wollte wieder einmal nichts mehr aussagen. Dieses Mal allerdings selektiv. Fragen des Gerichts, der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage wolle er weiterhin beantworten. Dem Kreuzverhör durch die Verteidiger wolle er sich hingegen nicht mehr stellen. Diese können ihre Fragen nun schriftlich dem Richter weitergeben. Ob sich die Verteidigung darauf einlassen wollte, war am Freitag zunächst unklar.