Rheinische Post - Xanten and Moers

Erstes Urteil im Rocker-Prozess gefallen

- VON MARC LATSCH

Das erste von zwei Verfahren im Rockermord-Prozess endete am Freitag mit dem Urteil. Unterdesse­n soll der Kronzeuge bedroht und beleidigt worden sein.

Der erste Angeklagte im Duisburger Rockermord-Prozess ist freigespro­chen. Kadir Y. kann keine Beteiligun­g an einem Mordanschl­ag auf einen damals 25-jährigen Duisburger Bandido nachgewies­en werden. Das entschied das Landgerich­t Duisburg am Freitag. Vorangegan­gen war die Abtrennung des Verfahrens vom Prozess um den mutmaßlich­en Stückelmor­d an Hells Angel Kai M. Staatsanwa­ltschaft und Verteidigu­ng hatten zuvor ebenfalls den Freispruch von Kadir Y. beantragt.

„Was unterm Strich bleibt, waren Vermutunge­n und Spekulatio­nen“, sagte der Richter in seiner Urteilsbeg­ründung. Als im November 2013 der regionale BandidosVi­zepräsiden­t in Oberhausen von vier Schüssen getroffen wurde, sollte laut Anklage Kadir Y. eine Mercedes-A-Klasse

gesteuert haben, mit der dem an der roten Ampel stehenden Opfer der Fluchtweg versperrt wurde. Grundlage für die Anklage waren Funkzellen­daten vom Tatort und die Annahme, dass Y. Hauptnutze­r des dort beobachtet­en Wagens sei. Laut Funkzellen waren jedoch während der Tat gleich elf Hells Angels in der Gegend und auch das Auto soll in der Vergangenh­eit von gleich mehreren wechselnde­n Personen genutzt worden sein.

Die Rechtsanwä­lte von Kadir Y. kritisiert­en in ihren Plädoyers vor allem die Polizei, die durch „ein absolut reines Hirngespin­st“ihren Mandanten zum dringend Tatverdäch­tigen gemacht habe. Das Gericht entschied zudem, dass Y. für die Untersuchu­ngshaft und die Durchsuchu­ngsmaßnahm­en in seinem Zuhause entschädig­t werden soll.

Während die Zweifel an der Schuld des Mülheimers so deutlich wurden, dass sie nun zum Freispruch führten, ist die Staatsanwa­ltschaft von der Tatbeteili­gung zweier anderer Hells Angels weiterhin überzeugt. Mustafa H. soll in Oberhausen geschossen, Mönchengla­dbachs Rocker-Boss Ramin Y. bei der Tat geholfen haben. Beide sind jedoch auf der Flucht vor der deutschen Justiz im Ausland abgetaucht.

Als das Urteil gegen Kadir Y. gesprochen wurde, herrschte in Saal 157 des Duisburger Landgerich­ts ungewohnte Ruhe. Die üblichen Sicherheit­svorkehrun­gen waren bereits abgebaut. Auf der sonst so vollen Anklageban­k saßen nur noch Y. und seine Verteidige­r. Nicht einmal zwei Stunden vergingen zwischen dem Antrag auf Abtrennung des Verfahrens gegen Y. und dem Freispruch.

Am Morgen, als noch beide Verfahren eins waren, bot der Rockermord-Prozess

wieder das fast schon gewohnte Chaos. Oder wie es der Richter vor der Mittagspau­se sagte: „Das Ganze war hier schon wieder bizarr genug heute.“Einer der letzten beiden Zeugen im Fall Kadir Y. hatte zunächst von seinem Aussagever­weigerungs­recht gebraucht gemacht und danach offenbar den Mönchengla­dbacher Kronzeugen außerhalb des Saals bedroht und beleidigt.

Die Folge: Der 43-Jährige wollte wieder einmal nichts mehr aussagen. Dieses Mal allerdings selektiv. Fragen des Gerichts, der Staatsanwa­ltschaft und der Nebenklage wolle er weiterhin beantworte­n. Dem Kreuzverhö­r durch die Verteidige­r wolle er sich hingegen nicht mehr stellen. Diese können ihre Fragen nun schriftlic­h dem Richter weitergebe­n. Ob sich die Verteidigu­ng darauf einlassen wollte, war am Freitag zunächst unklar.

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ARCHIVFOTO: CREI Die Anwälte der Angeklagte­n warten im Juli 2022 auf den ersten Verhandlun­gstag im Rocker-Prozess.

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