Rheinische Post - Xanten and Moers

Elektro Schmitz hat die Vier-Tage-Woche

Drei Tage frei, vier Tage arbeiten. So ist die Woche für die Monteure beim Alpener Elektrobet­rieb getaktet. Damit das System funktionie­rt und die Kunden nicht leer ausgehen, braucht es einen klugen Plan.

- VON JULIA MARIE BRAUN

ALPEN Eine Stunde länger am Tag arbeiten und eine Viertelstu­nde weniger Pause, das ist anstrengen­d. Aber „Gewöhnungs­sache“, findet Stephan Kölbl, der Meister bei Elektro Schmitz ist – und gemeinsam mit Verena Bongen-Schroller den Betrieb in Alpen führt. Im November vergangene­n Jahres haben sie eine Vier-Tage-Woche für die Monteure im Betrieb eingeführt. Dadurch haben sich auch die Arbeitszei­ten geändert: Täglich mehr arbeiten, dafür einen Tag mehr frei. Und das zahle sich aus, berichten sie. Einen neuen Mitarbeite­r hätten sie seitdem einstellen können, außerdem einen Auszubilde­nden, der im August anfangen wird.

Einen Tag die Woche mehr für sich selbst, die Familie, Arztbesuch­e, Einkaufen, Kurztrips, die Seele baumeln lassen – das sei ein „Phänomen“, das eindeutig zunehme, wie Hans Jörg Hennecke, Hauptgesch­äftsführer des Verbandes Handwerk NRW berichtet. „Es gibt etliche Betriebe, die das anbieten – und zwar aus verschiede­nen Aspekten heraus: Reduzierun­g der Betriebsöf­fnungstage bei Erhöhung der Effizienz. Eingehen auf Erforderni­sse zur Vereinbark­eit von Familie und Beruf. Erhöhung der Arbeitgebe­rattraktiv­ität. Und Erhöhung der Flexibilit­ät beim Personalei­nsatz.“

Für Elektro Schmitz sei es die Lösung gewesen, die in der „Not entstanden“sei, sagt Verena BongenSchr­oller. „Denn irgendwann und irgendwie müssen wir auch an Mitarbeite­r kommen“, erklärt sie. Ihr Geschäftsp­artner,

Stephan Kölbl, kam im Sommer auf sie zu, nachdem sie bereits mehrere Monate lang nach Elektromon­teuren gesucht hatten – ohne Erfolg:

„Lass uns das mit der Vier-Tage-Woche versuchen“, meinte er.

Daraufhin habe sie sich mit der Handwerksk­ammer, Betriebsbe­ratern und Steuerbera­tern ausgetausc­ht, berichtet die Alpenerin.

Sie wollten wissen, was auf sie zukommt. „Wir haben dann die Mitarbeite­r mit ins Boot geholt“, sagt sie. Für die war die neue Arbeitsver­teilung attraktiv.

Vier Tage die Woche arbeiten sie nun – in zwei Schichten, damit die Kunden abgedeckt werden können. Das eine Team arbeitet von Montag bis Donnerstag, das andere von Dienstag bis Freitag. Statt 38,5 oder 40 Stunden, die die Mitarbeite­r vorher gearbeitet haben, sind es nun 37 Stunden. Jeder Arbeitstag hat eine Stunde mehr, außerdem gibt es eine Viertelstu­nde weniger Pause. Da sich ihr Gehalt

nach einem Tarifvertr­ag richte, bleibe der Preis pro Stunde derselbe, erklärt Verena Bongen-Schroller. Die Anzahl der Urlaubstag­e bleibe ebenfalls erhalten.

„Es kristallis­iert sich heraus, dass die Vier-Tage-Woche für uns eine gute Entscheidu­ng war“, sagt sie. Zunächst, weil es zwei neue Mitarbeite­r gibt. Außerdem: „Wir haben gemerkt, dass die Arbeitsabl­äufe viel produktive­r geworden sind“, sagt die Alpenerin. Denn: „Dadurch, dass man eine Stunde länger arbeitet, kann man auf der Baustelle mehr fertigmach­en. Oft waren die Tage zu kurz. Außerdem spart man beim Fahrtweg, weil man nicht doppelt fahren muss“, so Verena Bongen-Schroller. „Für uns ist es eine Win-Win-Situation.“

Sie ergänzt: „Jeder spricht über Homeoffice und Work-Life-Balance. Und das Handwerk ist ein Stück weit verpönt, das ist schade. Durch die Vier-Tage-Woche wird der Handwerksb­eruf wieder attraktive­r.“Ihr Großvater hatte das Geschäft 1933 in Alpen aufgebaut, ihre Mutter hat es weitergefü­hrt. Darüber, dass es beim Meisterbet­rieb eine Vier-Tage-Woche geben sollte, seien die älteren Generation­en „zuerst sehr skeptisch“gewesen, sagt Verena Bongen-Schroller. „Ich glaube, es ist ein Generation­en-Ding“, meint sie. Aber: „Wir machen ja auch moderne Technik und wir sind schon bemüht, mit der Zeit zu gehen.“

Auch weiterhin sucht der Meisterbet­rieb nach Elektromon­teuren. „Wichtig ist uns Spaß am Job. Erfahrung wäre ganz gut, aber die kann man auch hier sammeln“, sagt Verena Bongen-Schroller.

 ?? FOTO: ARMIN FISCHER ?? Verena Bongen-Schroller und Stephan Kölbl haben mit ihrem Team die Vier-Tage-Woche eingeführt.
FOTO: ARMIN FISCHER Verena Bongen-Schroller und Stephan Kölbl haben mit ihrem Team die Vier-Tage-Woche eingeführt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany