Rheinische Post - Xanten and Moers
Tempo 30 ist kein Allheilmittel
Fließender, sicherer, umweltfreundlicher – die gern genannten Effekte einer flächendeckenden Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h in Städten klingen überzeugend. Weniger tödliche Unfälle dank kürzerer Bremswege, automatisch weniger belastender Lärm, belebtere und beliebtere Ortskerne – wer würde da schon dagegenstimmen? Auch wenn das stets betonte Ziel des Klimaschutzes in diesem Fall nur bedingt greift. Zwar spart langsameres Fahren Kraftstoff, reduziert den Ausstoß von Stickoxid-Emissionen, und es entsteht weniger Feinstaub. Das spräche vor allem aber für ein Tempolimit auf Autobahnen. Innerorts spielen andere Faktoren in die Berechnung hinein.
Ganz unabhängig von der Geschwindigkeit ist der Ausstoß von Kohlenmonoxid eine Frage des Abbremsens und Anfahrens. Das klassische Stop-and-go, die rote Welle Richtung Innenstadt ist also ebenso ein Klimakiller wie Raserei, wenn auch in relativ geringem Umfang bezogen auf das gesamte CO2-Problem Deutschlands. Dass sich dennoch inzwischen mehr als 400 Städte, Gemeinden und Landkreise der Initiative „Lebenswerte Städte“und deren Forderungen angeschlossen haben, ist verständlich. Sie alle wünschen sich zu Recht mehr juristischen Handlungsspielraum in Sachen Tempolimit.
Allerdings ist Tempo 30 innerorts nicht per se die Lösung. Die führenden Köpfe der Initiative sprechen davon, dass sich nicht die Stadt nach dem Verkehr ausrichten solle, sondern umgekehrt. Das stimmt nicht ganz, es geht eben auch um Ampelschaltungen, Verkehrsführung und ausreichend Alternativen zum Autofahren. Tempo 30 mag Fußgängern und Radfahrern guttun, Kindern mehr Eigenständigkeit und Familien mehr Freiheiten ermöglichen. Es mag Straßencafés und Plätze füllen. Nur auf die Bremse zu treten, wird nicht in jeder Gemeinde und jedem Landkreis ausreichen.