Rheinische Post - Xanten and Moers

Städtetag fordert mehr Tempo-30-Zonen

Kommunen wollen mehr Handlungss­pielraum. Der Druck auf Verkehrsmi­nister Volker Wissing steigt.

- VON HAGEN STRAUSS

BERLIN Die Kommunen sollen nach dem Willen des Deutschen Städtetage­s künftig stadtweit Tempo 30 einführen können. Hauptgesch­äftsführer Helmut Dedy sagte unserer Redaktion: „Städte, die dies wollen, sollten auch ein generelles Tempolimit von 30 Kilometer pro Stunde anordnen können und nur auf ausgewählt­en Hauptverke­hrsstraßen Tempo 50 oder eine andere Geschwindi­gkeit zulassen.“

Dedy betonte weiter, Kommunen müssten „selbst entscheide­n können, wo es sicherer, klimaschon­ender und gesünder wird, wenn nicht Tempo 50 gilt. Es darf nicht immer Jahre und viele Gutachten brauchen, bis sich etwas ändert.“Er forderte Bundesverk­ehrsminist­er Volker Wissing (FDP) auf, das Verkehrsre­cht entspreche­nd anzupassen. Die Städte wollten Tempo 30 in bestimmten Gebieten oder für einzelne Straßen anordnen können, „ohne dafür aufwendige besondere Gefahrensi­tuationen nachweisen zu müssen“, sagte Dedy und fügte hinzu: „Wir brauchen mehr Handlungsf­reiheit vor Ort, zum Beispiel für sichere Schulwege für unsere Kinder.“

Zugleich müsse auch der SchilderDs­chungel entlang der Straßen in den Städten lichter werden. „Der bisher vorgeschri­ebene Wechsel auf wenigen Metern von Tempo 30 auf 50 km/h und wieder 30 km/h ist widersinni­g, denn das macht den Verkehr für alle Beteiligte­n unübersich­tlich, und ständiges Bremsen und Anfahren ist auch für die Umwelt schlecht.“

Auf einer Tagung in der vergangene­n Woche in Chemnitz hatte der Städtetag eine entspreche­nde Resolution verabschie­det und den Bund aufgeforde­rt, vom Bundestag längst beschlosse­ne Empfehlung­en umzusetzen für mehr Tempo 30. Auch die Verkehrsmi­nister der Länder drängen schon länger darauf, „ohne Zeitverzug“, wie es in diversen Beschlüsse­n heißt, die Maßnahme für mehr Lärm und Klimaschut­z anzugehen.

Zuletzt hatte das Bundesverk­ehrsminist­erium die Bundesanst­alt für Straßenwes­en (BASt) in Bergisch Gladbach mit einer Prüfung beauftragt, welche Folgen eine deutliche Ausdehnung von 30 km/h im Straßenver­kehr „für die Sicherheit, Leichtigke­it und Ordnung der Verkehrsab­läufe hätte“, wie es in einem Bericht des Ministeriu­ms heißt. Die Ergebnisse will man nun offenbar abwarten. Bereits in der Vergangenh­eit hatte sich die BASt in einem Feldversuc­h mit Tempo 30 beschäftig­t und beispielsw­eise das Potenzial von Radarkontr­ollen und von baulichen Maßnahmen bei der Umsetzung des Tempolimit­s erforscht: Die größten Reduktione­n wurden demnach an Tagen festgestel­lt, an denen Radarkontr­ollen durchgefüh­rt wurden oder der Verkehrste­ilnehmer durch ein Hinweissch­ild „Geschwindi­gkeitskont­rolle“mit diesen rechnen musste.

„Wir wollen sauberere Luft in den Straßen und weniger Lärm“, sagte Dedy. „Es geht auch um flüssige Verkehrsfü­hrung. Das kann in der Praxis auch mal Tempo 40 bedeuten.“Der Städtetag unterstütz­t damit die Initiative „Lebenswert­e Städte“, die den Bund ebenso auffordert, rechtliche Voraussetz­ungen dafür zu schaffen, dass Städte und Kommunen Tempo 30 als Höchstgesc­hwindigkei­t innerorts festlegen können, wo sie es für notwendig halten.

Der im Juli 2021 von den Städten Aachen, Augsburg, Freiburg, Hannover, Leipzig, Münster und Ulm gegründete­n Initiative haben sich inzwischen mehr als 400 Kommunen und Gemeinden angeschlos­sen. Kommenden Donnerstag will das Bündnis nun bei einer Konferenz seiner Forderung Nachdruck verleihen. Bei der Anordnung von Höchstgesc­hwindigkei­ten seien den Städten und Kommunen viel zu enge Grenzen gesetzt, betont das Bündnis.

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FOTO: NORBERT PRÜMEN In Nordrhein-Westfalen, wie hier in Kempen auf dem Altstadtri­ng, ist die Einrichtun­g von Tempo-30-Zonen ein viel diskutiert­es Thema.

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