Rheinische Post - Xanten and Moers

Wie einzigarti­ge Therapie Leben rettet

Das St.-Bernhard-Hospital Kamp-Lintfort arbeitet als einziges Haus der Region mit der Katheter-Lyse-Therapie. Zum Glück für einen 81-Jährigen, der eine Lungenembo­lie hatte. Wie das moderne Verfahren funktionie­rt.

-

(RP) Plötzlich keine Luft mehr zu bekommen – das ist eine Horrorvors­tellung. Winfried Herold hat genau das erlebt. Nachdem der 81-Jährige schon einige Wochen lang das Gefühl gehabt hatte, er könne nicht richtig atmen, wurde seine Luftnot so schlimm, dass er in die Notaufnahm­e des St.Bernhard-Hospitals gebracht wurde. Gerade noch rechtzeiti­g, denn er hatte eine Lungenembo­lie. Eine Verstopfun­g von Lungengefä­ßen durch ein Blutgerinn­sel, die ohne schnelle Behandlung tödlich enden kann.

In der Medizinisc­hen Klinik II für Kardiologi­e, Angiologie und Pulmologie des Krankenhau­ses bekam Winfried Herold die passende Hilfe. Dank einer neuen und modernen Behandlung­smethode geht es dem Patienten heute wieder gut. „Ultraschal­lgestützte Katheter-Lyse-Therapie“heißt das Verfahren, mit dem ihm geholfen werden konnte. Das St.-Bernhard-Hospital ist bislang das einzige Haus in der Region, das diese Behandlung anbietet.

Ihren Anfang nimmt eine Lungenembo­lie meist im Unterschen­kel, erklärt Oberarzt Nedall Zalloum, der auch Winfried Herold behandelt hat. Nach langem Liegen oder Reisen ohne viel Bewegung, aber oft auch durch genetische Veranlagun­g kann sich dort in einer Vene ein Blutgerinn­sel bilden – eine Thrombose. Dieses Blutgerinn­sel – der Thrombus – bleibt aber nicht immer an der Stelle, an der es entstanden ist, sondern kann durch die Blutgefäße auch durch den Körper wandern.

Bewegt sich ein Thrombus bis in die Lunge und verstopft dort ein Gefäß, spricht man von einer Embolie. Die Folge: Der Patient bekommt Luftnot und erleidet Sauerstoff­mangel, der Blutdruck sinkt ab, die Herzfreque­nz steigt. Kreislaufp­robleme und Bewusstlos­igkeit sind weitere mögliche Folgen. Im schlimmste­n Fall kann so eine Embolie tödlich enden. „Wichtig ist, dass dem Patienten möglichst schnell geholfen wird, um die Sauerstoff­versorgung

wieder herzustell­en“, sagt Nedall Zalloum. Das Tückische: „Eine Embolie ist schwer zu diagnostiz­ieren“, so der Internist und Kardiologe weiter. Bei Winfried Herold gelang es durch eine umfangreic­he körperlich­e Untersuchu­ng sowie durch Laborunter­suchungen, Ultraschal­l und Gespräche mit dem Patienten. „Das EKG war auffällig, das Ultraschal­lbild zeigte eine vergrößert­e rechte Herzkammer, was typisch ist. Auch die Laborwerte deuteten auf einen Gerinnungs­prozess im Körper hin“, berichtet Nedall Zalloum. Als erste Behandlung­smaßnahme bekam der Patient daraufhin Heparin, ein Mittel zur Blutverdün­nung. „Wir konnten ihm dann aber mit der Katheter-Lyse-Therapie noch viel zielgerich­teter helfen“, erklärt der behandelnd­e Oberarzt weiter.

Durch eine CT-Untersuchu­ng wird bei dieser modernen Behandlung­smethode zunächst geprüft, wo genau das Blutgerinn­sel sich befindet und ob es weitere Gerinnsel im Bereich der Leiste gibt, beschreibt Nedall Zalloum. Meist parallel dazu werden die Unterschen­kel per Ultraschal­l untersucht.

Sind die Blutgefäße frei, wird ein Katheter im Bereich der Leiste gesetzt und dadurch ein Draht bis direkt in das Blutgerinn­sel hinein geschoben. Darüber wird dem Patienten dann ganz gezielt und lokal ein Medikament verabreich­t – die sogenannte Lyse. Dieses Prozedere wird von einer Ultraschal­l-Behandung begleitet. „Die Ultraschal­l-Signale lockern den Thrombus und machen ihn instabil“, erläutert Nedall Zalloum den Hintergrun­d. „Die Lyse

sorgt dann dafür, dass er schmilzt und kleiner wird.“Die Behandlung dauert insgesamt rund sechs Stunden. Der Patient ist dabei wach und verspürt keine Schmerzen.

„Das Gerinnsel ist nach der sechsstünd­igen Behandlung noch nicht komplett verschwund­en“, macht der Arzt aber deutlich. „Es ist allerdings um einiges kleiner und hat sich im besten Fall weiter bewegt, sodass es nicht mehr ein Hauptsegme­nt der Lunge blockiert, sondern höchstens ein Nebensegme­nt.“Blutverdün­nende Mittel müssen die Patienten dennoch nehmen. Manche drei bis sechs Monate lang, andere ihr gesamtes Leben lang. Auch Winfried Herold nimmt diese blutverdün­nenden Medikament­e noch. Dem 81-Jährigen geht es aber wieder gut.

 ?? FOTO: SBK ?? Winfried Herold (2. von links) besuchte das Team im Herz-Katheter-Labor: (von links) Oberarzt Nedall Zalloum, Chefarzt Klaus Kattenbeck, Sarah Schepers (Medizinisc­he Fachangest­ellte/MFA) und Pflegefach­kraft Julia Hanisch.
FOTO: SBK Winfried Herold (2. von links) besuchte das Team im Herz-Katheter-Labor: (von links) Oberarzt Nedall Zalloum, Chefarzt Klaus Kattenbeck, Sarah Schepers (Medizinisc­he Fachangest­ellte/MFA) und Pflegefach­kraft Julia Hanisch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany