Rheinische Post - Xanten and Moers
Ein Tarifstreit mit bleibenden Schäden
Bahnreisende können aufatmen. Endlich. An Ostern wird es keine Streiks der Lokführer geben. Die Kunden des Konzerns sind schon gebeutelt genug gewesen durch den gefühlt nicht enden wollenden Arbeitskampf der vergangenen Wochen und Monate. Die Bahn und die Gewerkschaft GDL haben sich nun beim Hauptstreitpunkt Arbeitszeit auf ein Wahlmodell von 35 bis 40 Stunden geeinigt, plus deutlichem Lohnzuwachs und Inflationsprämie. Claus Weselsky, der Berserker unter den Gewerkschaftsbossen, hat sich durchgesetzt – wenn auch nicht auf ganzer Linie.
Die schlechte Nachricht: Der Weg bis zur Einigung im Tarifstreit hat Schäden hinterlassen, die so schnell nicht zu beheben sein werden. In der Wirtschaft etwa. Überdies steckt die Bahn schon tief in den roten Zahlen, wie die letzte Bilanz belegt hat. Die Tarifeinigung dürfte das Problem jetzt noch weiter verschärfen. Außerdem ist unklar, wie der Konzern das dringend benötigte Personal nun genau gewinnen will – eher könnten die Lücken durch die Möglichkeit, wahlweise weniger zu arbeiten, noch größer werden. Und zwar zulasten der Kunden. Auf das notwendige Parallelkonzept zur Personalgewinnung darf man daher gespannt sein.
Und dann ist da noch der massive Vertrauensverlust, der bei den Reisenden entstanden ist. Die Bahn hat schon einen miserablen Ruf, mit Recht, wenn man sich allein die Pünktlichkeitsquote von lediglich 64 Prozent im Fernverkehr im Jahr 2023 anschaut. Das Image des Unternehmens wird sich durch den Arbeitskampf alles andere als verbessert haben – für den Umstieg von der Straße auf die Schiene war die Dauer jedenfalls nicht förderlich. Und es stellt sich die Frage, ob das Ergebnis nicht eher möglich gewesen wäre. Sicherlich. Aber wenn persönlicher Ehrgeiz und Animositäten eine dominante Rolle spielen, dann nicht.