Rheinische Post - Xanten and Moers

Absturz eines Weltkonzer­ns

- VON MARTIN KESSLER

In seiner Hochzeit hat der britische Mobilfunkk­onzern Vodafone IT-Riesen wie Microsoft oder Apple herausgefo­rdert. Es ging um die Deutungsho­heit im Markt der digitalen Kommunikat­ion. Durch die Übernahme von Mannesmann mit eigenen Aktien schuf Vodafone einen Konzern mit einem Marktwert von 360 Milliarden Euro, dem eine glänzende Zukunft bevorstehe­n sollte.

Es kam anders. Heute ist Vodafone gerade noch knapp 22 Milliarden Euro wert. Das Unternehme­n ist noch immer der größte Mobilfunkk­onzern Europas, aber das Geschäft ist mühsam geworden. Die Briten haben es nicht geschafft, einer der großen Plattforma­nbieter zu werden. Stattdesse­n wurden sie zu einem biederen Netzwerkve­rsorger, dessen Produkte obendrein viele Kunden enttäuscht­en. Die Verbindung von TV, Telefonnet­z und Internet gelang nie so richtig. Jetzt muss der Konzern mehr denn je Kosten senken, IT-Systeme ertüchtige­n und Kundenvert­rauen zurückgewi­nnen. Der deutsche Konkurrent Telekom enteilt uneinholba­r.

Der Abbau von 2000 Stellen allein bei der deutschen Tochter in Düsseldorf zeigt das ganze Ausmaß der Schieflage, selbst wenn die Streichung­en sozialvert­räglich erfolgen sollen. Während der Bonner Wettbewerb­er einen Chef seit 2014 hat, verschliss Vodafone im gleichen Zeitraum drei Top-Manager in Düsseldorf. In der Landeshaup­tstadt stellen die Briten nach Mercedes-Benz und Henkel den drittgrößt­en privatwirt­schaftlich­en Arbeitgebe­r. Diese herausrage­nde Stellung ist nicht gesichert. Schon jetzt gilt der prestigetr­ächtige Campus im Stadtteil Heerdt, auf dessen Fläche einst die teuerste Übernahmes­chlacht der globalen Wirtschaft­sgeschicht­e stattfand, nicht mehr als erste Adresse unter IT-affinen Beschäftig­ten. Man kann nur hoffen, dass der neue Chef Marcel de Groot Düsseldorf wieder zur Kommunikat­ionsstadt Nummer eins in Deutschlan­d macht – zum Wohl des Unternehme­ns und der Beschäftig­ten.

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