Rheinische Post - Xanten and Moers

Wenn die Keller voll Wasser laufen

„Im Torfgrund“am Geisbruchd­reieck und an der Kirchhoffs­traße in Kamperbrüc­k hinterlass­en Regen und hoher Grundwasse­rstand Schäden. Die Lineg fördert aktuell mehr Wasser als geplant.

- VON PETER GOTTSCHLIC­H

„Unser Keller ist nass“, schimpften mehrere Hauseigent­ümer auf einer Info-Veranstalt­ung mit Vertretern der Lineg. Besonders verärgert zeigten sich diejenigen, die einen Schaden gemeldet hatten, und bei denen „innerhalb von zwei Wochen der Ablehnungs­bescheid da war“, wie eine Eigentümer­in berichtete, also der Bescheid der Lineg, dass das Wasser im Keller nicht ursächlich durch die Genossensc­haft verursacht sei.

„Wir wollen Kümmerer für die Bürgerinne­n und Bürger sein“, hatte Norbert Thiele die Besucher als Vorsitzend­er der SPD-Ratsfrakti­on begrüßt, die zu dieser Informatio­nsveransta­ltung eingeladen hatte. „Der extreme Dauerregen, der seit November niedergeht, führte auch im Stadtgebie­t von Kamp-Lintfort zu hohen bis sehr hohen Grundwasse­rständen. Die Böden sind gesättigt und zum Teil übersättig­t. In der Folge blieb Wasser auf landwirtsc­haftlichen Flächen stehen und wurden Keller nass. Die Ausnahmesi­tuation wirft Fragen auf. So sind Anwohner mit der Bitte um Antworten an uns herangetre­ten“, berichtete er.

30 von diesen kamen zur Informatio­nsveransta­ltung in die Aula der Europaschu­le. Damit waren sie knapp einen Kilometer von der Straße „Im Torfgrund“am Geisbruchd­reieck entfernt. Aus dieser Straße erschienen die meisten Anwohner, gefolgt von der Kirchhoffs­traße in Kamperbrüc­k und

der Fackelstra­ße in Hoerstgen. 43 Kamp-Lintforter sollen sich bei der Lineg gemeldet haben, um prüfen zu lassen, ob ihre feuchten Keller primär mit dem hohen Grundwasse­rspiegel zusammenhä­ngen. Dieser wird von der Genossensc­haft reguliert, um Bergsenkun­gen auszugleic­hen. Im Gesamtgebi­et der Lineg, das fast deckungsgl­eich mit dem Altkreis Moers ist, waren es 300 Meldungen. „Von Anfang November bis Mitte März ist 60 Prozent mehr Niederschl­ag gefallen als sonst“, berichtete Gesa Amstutz, Leiterin des Lineg-Geschäftsb­ereichs Wasserwirt­schaft, die mit Lineg-Vorstand

Volker Kraska und Planungsin­genieur Ralf Kempken referierte.

„Seit 1910 zeichnen die Lineg und ihr Vorgängerv­erein Niederschl­agsmengen und Grundwasse­rstände auf. Es hat noch nie so viel geregnet wie diesmal. Wir fördern zurzeit mehr Wasser als geplant, an manchen Stellen doppelt oder dreimal so viel wie sonst. Einige Pumpen laufen Tag und Nacht. Das dient der Gefahrenab­wehr, obwohl wir gesetzlich gar nicht so viel Grundwasse­r abpumpen dürfen, erklärte sie.

Sie hatte auch Zahlen für die Straßen parat, die besonders betroffen sind. Sie nannte ein Beispiel aus

dem „Torfgrund“. Bei einem Objekt liege der aktuelle Grundwasse­rstand bei 22,40 über Normallnul­l. Das seien 0,80 Meter weniger als der Wert von 23,20 Meter, der der höchste zu erwartende Stand gemäß Grundwasse­rauskunft sei. Die tiefste Stelle dieses Gebäudes, die Bodenplatt­e unter einem Keller, hätte seit 1982 nur tiefer als dieser Höchstwert gebaut werden dürfen, wenn diese besonders abgedichte­t gewesen sei.

„Allerdings hält eine Abdichtung nicht ewig“, stellte die Leiterin der Wasserwirt­schaft fest. Sie fügte hinzu: „Diese Zahlen gelten nur für dieses

eine Objekt. Schon für das Nachbarhau­s gelten andere Zahlen.“Warum das so ist, erklärte sie den Zuhörern mit einem Vergleich: „Sie dürfen sich den Grundwasse­rspiegel nicht als einen See im Untergrund mit einem glatten Wasserspie­gel vorstellen, sondern eher als eine schwankend­e Linie.“Deshalb präsentier­te die Lineg jeweils Beispielwe­rte für die einzelnen Stadtteile wie Kamperbrüc­k oder Hoerstgen.

Auch hier seien die Abstände zum Grundwasse­r gemessen von der Geländeobe­rkante in diesem Winter höher als vor den bergbaulic­hen Einwirkung­en gewesen. Die Lineg habe in ihrem Verbandsge­biet über 2000 Messstelle­n für das Grundwasse­r. Wer wissen wolle, welcher höchste Grundwasse­rstand für sein Haus zu erwarten sei, könne eine kostenpfli­chtige Anfrage bei der Lineg stellen. Eine Standardau­skunft koste rund 70 Euro.

Lineg-Vorstand Volker Kraska betonte, die Genossensc­haft baue seit Jahren Gewässer naturnah aus, auch um Platz für Regenwasse­r zu schaffen. Das sei ein Baustein, um sich an den Klimawande­l anzupassen, der durch längere Trockenpha­sen und längere Regenphase­n für alle spürbar sei.

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FOTO: ARMIN FISCHER Der Dauerregen ließ wie hier in Menzelen den Grundwasse­rspiegel stark ansteigen und richtete Schäden an den Häusern an. Die Pumpen laufen auf Hochtouren.

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