Rheinische Post - Xanten and Moers
Wegweiser durch die Dorfgeschichte
Der inzwischen aufgelöste Förderverein Motte in Alpen hat 19 Stelen aufgestellt an Standorten von Gebäuden, die den Ort geprägt haben. Den historischen Dorfrundgang kann man nun auch lesend im Sessel zu Hause erleben.
Selbst Dörfer verändern im Laufe der Jahre ihr Gesicht. Beim unaufhaltbaren Gang in die neue Zeit wächst bei manchen bisweilen das Bedürfnis, etwas von den „guten alten Zeiten“zu bewahren. In welcher Form auch immer. Der Förderverein Alpener Motte ist zwar selbst bald Geschichte (wir berichteten ausführlich). Aber er hat vor seiner Selbstauflösung dem Ort und damit sich selbst ein kleines Denkmal gesetzt. Genau genommen sogar fast 20.
An 19 Stellen im Dorf hat der Verein vor gut einem Jahr stählerne Stelen aufgestellt, die in Wort und Bild die Erinnerung an das alte Alpen wachhalten und einheimische wie auswärtige Heimatfreunde zu einem geschichtlichen Rundgang einladen. Ein informatives Erlebnis. Eine Wegbeschreibung mit den einzelnen Stelen-Standorten findet man in einer fast 50-seitigen, farbigen Hochglanzbroschüre, die der Verein jetzt herausgegeben hat. Pünktlich zu Beginn des Jubiläumsjahres 950 Jahre Alpen.
Verfasser des sehr übersichtlichen Heftchens mit vielen historischen sowie aktuellen Aufnahmen der einzelnen Geschichtsorte ist Hermann Terboven (73), vielen Alpenern und Alpenerinnen bekannt als Lehrer an der Hauptschule, an der er bis zu seiner Pensionierung vor acht Jahren vier Jahrzehnte lang unterricht hatte. Dem ehemaligen CDU-Ratsherrn, der dem Gründungsvorstand des Fördervereins Motte angehörte, ist die Geschichte des Ortes eine Herzensangelegenheit.
Die Basis für die Broschüre hat der Pädagoge mit ausgeprägtem Sinn fürs Digitale mit einer PowerpointPräsentation über den Geschichtspfad gelegt. Vier Vorträge, jeweils von der Dauer einer Fußball-Halbzeit, hat er damit bestritten. Eine sogar in Menzelen-Ost. „Die Rückmeldungen waren ausgesprochen positiv“, berichtet Terboven im Gespräch mit der Redaktion.
Es kam zu bewegenden Momenten. Die Reaktionen seien bisweilen „sehr emotional“ausgefallen, sagt
Terboven. Eine ältere Frau habe nach seinen Ausführungen über das Marienstift, das bis Ende der 70er Jahre Krankenhaus für bis zu 80 Patienten war, erzählt, dass ihr die Hebamme – eine Franziskanerin – hier im Kreissall „drei Kinder in den Arm gelegt“habe. Auch die Erinnerung an die markante Jugendburg auf dem Schmuhlsberg sei bei den älteren Leuten in Alpen noch sehr lebendig.
Das spürbare Bedürfnis nach Erinnerung habe ihn motiviert, so Terboven, die Geschichtswanderung zu bündeln und sie so auch lesend im Sessel unternehmen zu können. Eine Corona-Infektion, die ihn ans Haus gefesselt hatte, habe ein Zeitfenster geöffnet, das Projekt in Angriff zu nehmen. Die Vorarbeiten waren ja durch die Fachleute und vorliegende Quellen wie das AlpenLexikon erledigt, auf die schon die Stelen-Macher des Vereins zurückgegriffen hatten. Quellenangaben und zusätzliche Informationen
werden über einen QR-Code zu den jeweiligen 19 Stationen zugänglich gemacht.
Im Heft sind schon zwei Alpener Geschichtsorte aufgeführt, für die’s im Dorf noch keine Stele gibt: Die für die Hoogen-Mühle soll aber noch im Frühjahr aufgestellt werden, wie Franz-Josef Spölmink, Vorsitzender des Heimat- und Verkehrsvereins (HVV ), der das Erbe des Fördervereins übernimmt, angekündigt hat. Wann die Erinnerungstafel für
das Gasthaus „Zur Hoffnung“(Nepicks) aufgestellt werden kann, ist dagegen noch völlig offen. Niemand weiß, wann und ob überhaupt die schmerzliche Lücke nach dem Abriss des Gebäudes an der Ecke Ulrichstraße/Lineallee geschlossen wird. Die Pläne für einen modernen Drogeriemarkt mit Wohnungen liegen bekanntlich immer noch auf Eis.
Unterdessen denken die Geschichtsfreunde bereits weiter in die Zukunft. Sie wollen die StelenTour
in die Vergangenheit noch ausdehnen. An der Sekundarschule soll eine Info-Tafel an das kooperative Nebeneinander von Haupt- und Realschule erinnern, den Vorläufern der heutigen Schulform. Noch weiter zurück liegt die Existenz der Evangelischen Schule an der Rathausstraße, wo heute die Caritas eine Werkstatt betreibt.
Finanziert worden ist der Geschichtspfad mit Mitteln von Bund und Land sowie mit einem Zuschuss des interkommunalen EU-Leaderprojektes „Niederrhein: Natürlich lebendig“. Gestalterisch konzipiert sind die Stelen von Grafiker Ludger Jackowiak. In der Rheinberger Schlosserei Geßmann haben sie äußerlich ansprechende Gestalt angenommen. Aufgestellt wurden sie schließlich vom Bauhof der Gemeinde. „Die tolle Gemeinschaftsaktion wird weitergeführt“, verspricht HVV-Vorsitzender Spölmink. Sein Verein empfindet das übernommene Erbe als Verpflichtung.