Rheinische Post - Xanten and Moers
Nutrias besiedeln den Pappelsee
Spaziergängern fallen die Nagetiere bereits seit längerem auf. Die Tiere können an Uferbereichen beträchtliche Schäden anrichten. In Kamp-Lintfort werden sie aktuell geduldet. Das sagen Stadt, Lineg und Naturschützer.
Nutrias haben sich an Pappelsee sowie Kleiner und Großer Goorley in Kamp-Lintfort angesiedelt. Spaziergänger beobachten die ursprünglich in Südamerika beheimateten Nagetiere inzwischen regelmäßig. Nach Europa eingeführt hat sie der Mensch. Hier haben sich die Tiere als invasive Art ausgebreitet und gelten als etabliert. „Sie gehören zu den Neozoen“, erläutert Harald Fielenbach, Vorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu) Moers und Neukirchen-Vluyn. Also zu einer Tierart, die in einem Gebiet lebt, in dem sie früher nicht vorkam.
In Kamp-Lintfort werden die „ungebetenen Gäste“aktuell geduldet – so lange sie „keine ernsthaften Schäden an den Uferbereichen“des Sees anrichten, sagt Martin Notthoff, zuständiger Dezernent bei der Stadt Kamp-Lintfort. Der Pappelsee wurde in den letzten Jahren aufwendig saniert: Die Lineg ließ den See entschlammen, der seinerzeit immer weniger Wasser führte, und die Uferbereiche neu bepflanzen. „Es ist uns bekannt“, sagt Martin Notthoff, „dass Nutrias dort sind“. Die Stadt Kamp-Lintfort ist dort für die Gewässerbewirtschaftung zuständig. Zurzeit bleibe nicht viel übrig, als das Thema zu verwalten, sagt Martin Notthoff, auch weil es wenige Handlungsoptionen gebe. „Das Problem ist kaum zu lösen, ohne dabei andere Arten möglicherweise zu gefährden“, sagt er. Lebendfallen seien die einzige verträgliche Möglichkeit.“
Auch die Lineg bekommt es immer wieder mal mit dem Nagetier zu tun. „Wir wählen im Umgang mit den Nutrias einen Ansatz, der zuerst auf den Schutz der wasserwirtschaftlichen Anlagen zielt, unter Berücksichtigung der Naturund Tierschutzgesetze“, berichtet Ingo Plaschke, Pressesprecher der Entwässerungsgenossenschaft mit Sitz in Kamp-Lintfort. Die Lineg
hat vereinzelte Meldungen zu Nutrias erreicht, die sich an der Kleinen Goorley angesiedelt haben sollen. „Konkret heißt unser Ansatz: In der freien Landschaft dulden wir sie weitgehend, solange sie dort keinen Schaden anrichten.“Zur Abwendung von wasserwirtschaftlichen und gemeinwirtschaftlichen Schäden sowie aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht wirke die Lineg aber an einer Bestandslenkung mit.
Wie viele Nutrias es im Verbandsgebiet
der Lineg gibt, sei unbekannt. Sie lebten in Flachwassergebieten und könnten sich ins Erdreich eingraben. Davon betroffen sein könnten Uferbereiche und Dämme. Durch die Aktivitäten der Tiere entstünden Gänge und Hohlräume, die einstürzen könnten. „Das Gefährdungspotenzial ist umso höher, je schmaler ein Uferstreifen ist“, so Plaschke. Deshalb schaue die Lineg verschärft auf ihre Anlagen im innerstädtischen Bereich. Bei Renaturierungen von Gewässern hause man außerdem junge Pflanzen ein, um diese vor dem Verbiss durch Nutrias und anderer Tiere zu schützen. „Wie zum Beispiel beim naturnahen Ausbau der Alpschen Ley in Alpen.“
Bei Bedarf lasse die Lineg die Tiere in ihrem Verbandsgebiet auch fangen. Tätig werde sie, wenn Schäden an ihren wasserwirtschaftlichen Anlagen durch eigene Kontrolle oder durch Meldungen von Bürgern auffallen würden. Zum Fang der Nutria beauftragt die Lineg einen staatlich geprüften Jäger. Dieser müsse sich
an die gesetzlichen Vorgaben halten, die sich unter anderem aus dem Bekämpfungserlass des Landes NRW ergeben würden, heißt es. „Der Jäger, der im Auftrag der Lineg unterwegs ist, fängt die Nutrias in so genannten Lebendfallen. Diese müssten so beschaffen sein, dass nicht andere Tiere unbeabsichtigt gefangen würden“, teilt die Genossenschaft weiter mit.
Nutrias, sagt Harald Fielenbach vom Nabu Moers und NeukirchenVluyn, seien Gefangenschaftsflüchtlinge. „Wir sind also schuld, dass sie sich hier immer stärker ausbreiten.“Wie man mit den Tieren umgehe, sei immer situativ zu prüfen, wie schädlich sie für den Naturraum seien und wo eine gezielte Entnahme unten Artenschutz-Gesichtspunkten notwendig sei. Nutrias, die friedlich an einem Baggersee lebten, seien nicht dramatisch. „Geht es aber darum, die heimische Natur wieder zu etablieren, wie zum Beispiel bei Renaturierungen, dann sind dort invasive Arten fehl am Platz. Sie fressen die selten gewordenen Röhrichtpflanzen und können so ein ganzes Ökosystem zu Fall bringen. In Moers ist das Schwafheimer Meer ein solcher ökologisch sensibler Bereich. Es gibt im gesamten Kreis Wesel nur drei weitere nennenswerte Schilf- /Röhrichtbereiche: Bislicher Insel, Orsoyer Rheinbogen und Bislich Vanum“, betont Harald Fielenbach, der darauf hinweist, dass auch der Biber zurückkehre. Beide Tiere würden sich denselben Naturraum teilen. Letzterer ist nach dem nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt.