Rheinische Post - Xanten and Moers
Nachfrage sinkt – Preise folgen langsam
Die Mietentwicklung im Bergischen Land folgt dem bundesweiten Trend – das sagt Thomas Nebgen, Vorstandsvorsitzender von Hückeswagens größtem Vermieter, der Genossenschaft für Bau- und Siedlungswesen (GBS). Ganz klar zu unterscheiden seien jedoch die regionalen Besonderheiten. „Insbesondere verschärft sich in den Großstädten der Rheinschiene die Wohnungsknappheit massiv, was zu erheblich steigenden Mieten führen wird.“Dieser Trend schlage sich nun, wenn auch nicht ganz so stark ausgeprägt, in das Umland durch.
„Das bedeutet eben auch, dass im Bergischen der Wohnraum zunehmend knapp wird“, prognostiziert Nebgen. Verursacht werde dies durch die Zurückhaltung bei der Erstellung von neuem Wohnraum aufgrund der Baupreise, der immerwährenden Erhöhung der baurechtlichen Anforderungen und nicht zuletzt wegen der gestiegenen Zinsen. Hinzu kommt laut Thomas Nebgen, dass in den kommenden Jahren ganz viele Wohnungen aus der öffentlichen Bindung fallen, was ebenfalls einen mietsteigernden Effekt auslöst. „Wir als Genossenschaft sind satzungsgemäß beauftragt, guten und günstigen Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten bereitzustellen.“Unter den nicht beeinflussbaren Faktoren der Baupreise und der steigenden Zinsen sei die GBS in der Situation, „dass wir versuchen, die gestiegenen Preise momentan noch ohne nennenswerte Mieterhöhungen zu kompensieren“.
Stefan Kraschl, Research Analyst bei der KSK-Immobilien, dem Immobilienmakler der Kreissparkasse Köln, hat beobachten können, dass die Nachfrage nach Mietwohnungen in Hückeswagen und Radevormwald auf ein sehr hohes Niveau angestiegen ist, weswegen auch die Mieten stark angezogen sind. „Nach unseren Berechnungen liegt der mittlere jährliche Mietanstieg in Radevormwald über die letzten drei Jahre bei vier, in Hückeswagen sogar bei 5,7 Prozent“, berichtet Kraschl.
„Laut Mietspiegel des Jahres 2023 beträgt das durchschnittliche Mietniveau in Radevormwald 6,53 Euro pro Quadratmeter. Diese Zahlen stammen aus einer Datenerhebung und Auswertung des Gutachterausschuss im Oberbergischen Kreis. In Hückeswagen liegt das Mietpreisniveau mit durchschnittlich 6,51 Euro pro Quadratmeter nur leicht unter dem Radevormwalder Wert. Beide Städte liegen im Oberbergischen Kreis mit diesen Mietpreisen im Mittelfeld. Die höchsten Mieten zahlt man in der Region im Durchschnitt in Lindlar (6,99 Euro pro Quadratmeter), die niedrigsten in Morsbach (5,62 Euro pro Quadratmeter).
Natürlich gibt es in den einzelnen Kommunen je nach Lage deutliche Unterschiede. So steigt beispielsweise an der Hohenfuhrstraße im Radevormwalder Zentrum – nimmt man probeweise die Hausnummer 13 des Rathauses – das Niveau auf 6,89 Euro pro Quadratmeter.
In den Außenortschaften sinkt der Mietpreis dagegen vielfach unter die Sechs-Euro-Grenze.“
Nicht nur Mieter, auch mögliche Käufer leiden unter den Preisen: Am regionalen Immobilienmarkt in Hückeswagen und Radevormwald hat – wie in der gesamten Region – die Investitionsfähigkeit der Haushalte seit der Zinswende im Frühjahr 2022 deutlich nachgelassen. „Ausgehend von den hohen Immobilienpreisen, machten die stark gestiegenen Finanzierungskosten den Erwerb eines Eigenheims oder einer Wohnung für viele unerschwinglich“, hat Kraschl festgestellt. Entsprechend ist die Nachfrage nach Immobilien eingebrochen.
Auf diese neuen Rahmenbedingungen haben die Verkaufspreise mit zeitlicher Verzögerung reagiert.“Sie sind jedoch bis heute vergleichsweise moderat um nur rund zehn bis 15 Prozent gesunken“, sagt er. Beim aktuellen Preisniveau fänden Verkäufe zwar weiterhin statt, die Nachfrage befände sich jedoch auf einem stabil niedrigen Niveau, sodass im Durchschnitt mit weiteren leichten Preisnachlässen zu rechnen sei. „Im Laufe des Jahres dürfte sich die Preisentwicklung unserer Erwartung nach jedoch stabilisieren“, ist sich Kraschl sicher.
Am Markt für baureife Eigenheimgrundstücke in Hückeswagen und Radevormwald ist ebenfalls ein deutlich geringeres Nachfrageniveau feststellbar als noch Anfang 2022. „Das ist insofern erklärbar, als dass sich für die Nachfragenden die maximal mögliche Gesamtinvestitionssumme für das Projekt Eigenheimbau infolge des Zinsanstieges deutlich verringert hat“, betont der Research Analyst. Viele seien daher nicht mehr gewillt oder in der Lage, die geforderten Bodenpreise zu zahlen. Eine Besonderheit ist allerdings, dass das sehr geringe Grundstücksangebot in Hückeswagen und Radevormwald die Grundstückspreise stabilisiert. Die Verkaufspreise entwickeln sich also – anders als am Markt für Eigenheime oder Eigentumswohnungen – stabil, da es weiterhin eine ausreichende Anzahl an Käufern gibt, die aufgrund des knappen Angebots und fehlender Wahlmöglichkeiten die geforderten Preise zahlen.
Günstig kommen Mieter und Käufer auch in Wermelskirchen nicht weg: Die Mieten sind gestiegen. Das bestätigt der aktuelle Mietpreisspiegel, kurz Mietspiegel, der seit knapp einem Jahr gültig ist. Dieser weist eine Bandbreite zwischen 5,10 Euro pro Quadratmeter für Altbauwohnungen bis Baujahr 1960 am preisgünstigsten Ende (2/2020: 4,90 Euro pro Quadratmeter) und 11,70 Euro pro Quadratmeter bei Neubauwohnungen nach Baujahr 2018 mit entsprechendem neuzeitlichen Standard (2/2020: 10,10 Euro pro Quadratenter) in der Spitze als Vergleichsmiete aus. Demnach kostet eine Bestandswohnung mit mittlerem Wohnwert (Baujahr 1990 bis 2004) durchschnittlich 7,40 Euro pro Quadratmeter; Wohnungen im älteren Gebäudebestand (bis Baujahr 1960) 5,90 Euro im Durchschnitt. In guten Wohnlagen werden in den Baualtersklassen V (2005 bis 2017) und VI (ab 2018) 10,70 bzw. 11,70 Euro pro Quadratmeter als Oberwert der entsprechenden Mietpreisspannen erreicht.
Im Auftrag der Stadt Wermelskirchen hat eine Arbeitsgruppe unter fachlicher Leitung der Rheinischen Immobilienbörse, die ein eingetragener Verein mit Sitz in Köln ist, in Kooperation von der Verwaltung, den Verbänden der Haus- und Wohnungseigentümer, dem Mieterverein sowie dem gemeinnützigen Bauverein Wermelskirchen den Mietspiegel aktualisiert.
Teilmodernisierungen im älteren Gebäudebestand beeinflussen wahrnehmbar auch das Niveau der Mieten, stellt Ursula Zimmermann von der Rheinischen Immobilienbörse eine Erkenntnis aus der Erstellung des Mietspiegels heraus: „Wir erkennen mitunter deutliche Mietpreissteigerungen im älteren Wohnungssegment. Im Zuge der Corona-Pandemie mag zugleich insgesamt die Nachfrage nach größeren Wohnungen, die Wohnen und Arbeiten unter einem Dach ermöglichen, gestiegen sein. Denn die Mietpreise für größeren Wohnraum entwickelten sich spürbar dynamischer als noch bei der letzten Erhebung.“
Während die Mietpreise in Wermelskirchen tendenziell steigen, stagnieren die Kaufpreise für Immobilien. Das geht aus einer Erhebung der „Engel & Völkers“GmbH hervor, die zuletzt im Februar 2024 die Angebote in Internet-Portalen für Immobilien ausgewertet hat. Demnach haben sich weder die Quadratmeterpreise für Häuser (2864 Euro) noch die für Wohnungen (2086 Euro) in den vergangenen zwölf Monaten geändert. Aber: Von 2022 auf 2023 waren beide Durchschnittswerte gesunken – um 4,35 Prozent bei Wohnungen und 3,06 Prozent bei Häusern.
Die sozusagen explosionsartigen Anstieg attestiert die „Engel & Völkers“-Erhebung den durchschnittlichen Quadratmeterpreise für Immobilien in Wermelskirchen zu Beginn des 2020er-Jahrzehnts. So kletterte der Preis für Wohnungen von 1946 Euro pro Quadratmeter in 2019 auf 2343 Euro in 2020, was einen Anstieg von plus 20,42 Prozent ausmacht. Der Preis je Quadratmeter bei Häusern stieg ein Jahr später ähnlich deutlich an: von 2463 Euro in 2020 auf 2922 Euro in 2021 – ein Zuwachs von 18,63 Prozent.
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