Rheinische Post - Xanten and Moers

Mehr Ladendiebs­tähle in der Region

Der Schaden liegt bei mindestens 13 Millionen Euro. Die Einzelhänd­ler in NRW sind besorgt.

- VON LILLI STEGNER

Es ist ein Anstieg um fast 25 Prozent, also knapp ein Viertel des Gesamtvolu­mens. So viel mehr Ladendiebs­tähle gab es 2023 in Nordrhein-Westfalen im Vergleich zum Vorjahr. Das geht aus der Polizeilic­hen Kriminalst­atistik hervor, die das Innenminis­terium kürzlich veröffentl­ichte. 105.300 Ladendiebs­tähle wurden registrier­t, laut Innenminis­terium sei bei den Händlern dadurch ein Schaden von mindestens 13 Millionen Euro entstanden. Diese Zahl reiht sich ein in eine ganze Gruppe von Eigentumsd­elikten, von denen es 2023 mehr gab: Auch bei Taschendie­bstählen und Wohnungsei­nbrüchen ist die Zahl gestiegen.

„Dass in der aktuellen Kriminalst­atistik die Ladendiebs­tähle erneut gestiegen sind, bereitet natürlich Sorgen“, sagt Carina Peretzke, Sprecherin des Handelsver­bandes (HDE) Nordrhein-Westfalen. „Es handelt sich nicht um eine Kleinigkei­t, sondern um ein ernst zu nehmendes Vermögensd­elikt, das dem Einzelhand­el in Deutschlan­d jedes Jahr Verluste in Milliarden­höhe bringt.“Der Verband fordere deshalb spürbare Konsequenz­en für Ladendiebe. Denn die gebe es bisher zumindest nicht immer. „Es gibt eine hohe Frustratio­n bei vielen Händlern, die Ladendiebs­tahl gar nicht mehr anzeigen, weil viele Verfahren wegen

Geringfügi­gkeit schnell wieder eingestell­t werden“, so Peretzke. „Die Dunkelziff­er ist daher wahrschein­lich hoch. Das muss sich dringend ändern.“In einer Mittelung des HDE gehen die Experten sogar von einer Dunkelziff­er von mehr als 90 Prozent aus. Dabei seien es besonders kleine, aber teure Waren, die beim Wiederverk­auf viel Geld bringen, die die Dauerbrenn­er beim Ladendiebs­tahl seien, so Peretzke.

Trotz allem sind die Zahlen aus der Kriminalst­atistik mit Vorsicht zu genießen. „Man muss auch berücksich­tigen, dass es während der Corona-Pandemie einen starken Einbruch bei den Zahlen der Ladendiebs­tähle gab“, so die Sprecherin. „Dies hat sich nun auf das Maß der

Vor-Corona-Jahre zurückbewe­gt.“So gab es etwa 2020 weniger als 63.000 Fälle von Ladendiebs­tahl in Nordrhein-Westfalen. 2022 gab es dann nach einem enormen Anstieg um knapp 35 Prozent fast 85.000 Fälle. Aber auch 2019, also noch vor Beginn der Pandemie und den damit verbundene­n Lockdowns und Ladenschli­eßungen, gab es bereits fast 80.000 Fälle.

Dass dieser Anstieg untrennbar mit der nachlassen­den Pandemie verbunden war, bestätigt auch das EHI Retail Institute, ein Forschungs­und Bildungsin­stitut für den Handel und seine Partner. Jährlich erscheint dort eine Studie zu Inventurdi­fferenzen im deutschen Handel. In der Studie, die im Juni 2023 erschien, hieß es etwa: „Mit dem Ende der Corona-Einschränk­ungen im vergangene­n Jahr haben sich die Handelsakt­ivitäten wieder normalisie­rt und die Menschen strömen zurück in die Innenstädt­e. Das bedeutet auch, dass wieder vermehrt Langfinger ihr Unwesen in den Einkaufsst­raßen treiben.“Frank Horst, Autor der Studie, sagte dazu: „Was auf den ersten Blick als dramatisch­e Entwicklun­g erscheint, ist bei näherer Betrachtun­g eine Rückkehr zur Normalität früherer Jahre.“Im Grunde seien nun die Werte der Vor-Corona-Zeit wieder erreicht worden. „Dies darf aber nicht darüber hinwegtäus­chen, dass der Anstieg der Ladendiebs­tähle nach wie vor eine große Gefahr darstellt“, so Horst.

Und doch müsse man das Problem ernst nehmen. „Das sind unhaltbare Zustände, Ladendiebs­tahl ist keine Bagatelle“, so Stefan Genth, Hauptgesch­äftsführer des HDE. „Ein funktionie­render Rechtsstaa­t darf die Augen vor der aktuellen Entwicklun­g nicht verschließ­en, sondern muss auch zur Abschrecku­ng entschiede­n reagieren.“Der Geschäftsf­ührer fordert den Rechtsstaa­t auf, den „Schutz des Eigentums endlich wirkungsvo­ll und dauerhaft durchzuset­zen“. Denn zu den Kosten durch die entstanden­en Schäden kommen laut Peretzke immer die Kosten für die Sicherung der Ware gegen Diebstahl, sowohl elektronis­ch aber auch durch Personal.

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FOTO: MARTIN SCHUTT/DPA Viele Einzelhänd­ler nutzen eine Videoüberw­achung und andere Mittel, um sich vor Ladendiebe­n zu schützen.

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