Salafisten drohen mit Geiselnahmen
Radikale Islamisten wollen ihren Glaubensbruder Murat K. aus dem Gefängnis in Köln freipressen. Experten sehen einen Zusammenhang zum fehlgeschlagenen Anschlag am Bonner Hauptbahnhof.
DÜSSELDORF Eine Video-Botschaft der militanten Islamistenszene hat die Sicherheitsbehörden in Deutschland in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. In dem Film für den „Löwen Murat K.“heißt es: „Wir werden niemals ruhen, ehe wir dich nicht aus deiner Gefangenschaft befreit haben.“Murat K. war im Oktober wegen gefährlicher Körperverletzung, Landfriedensbruch und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu sechs Jahren Haft verurteilt worden.
Der Salafist hatte im Mai während einer Demonstration in Bonn zwei Polizisten mit einem Messer attackiert und schwer verletzt. Im Prozess zeigte er keine Reue. Seine Gesinnungsgenossen erklärten in der Video-Botschaft, man wolle Deutsche als Geiseln nehmen, um die Freilassung von Murat K. zu erzwingen, der derzeit in der Kölner Justizvollzugsanstalt einsitzt.
Erst vorige Woche hatte ein Bombenfund am Bonner Hauptbahnhof eine Großfahndung nach Tätern ausgelöst, die in der Salafisten-Szene vermutet werden. Der Sprengsatz, der eine verheerende Wirkung gehabt hätte, war wegen eines technischen Defekts nicht explodiert. „Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen dem Anschlagsversuch und der Video-Botschaft“, sagte Arnold Plickert, Chef der Gewerkschaft der Polizei in NRW. Jetzt müsse der Beobachtungsdruck erhöht werden: „Wir dürfen die Gefährder keine Sekunde mehr aus den Augen lassen.“
NRW-Innenminister Ralf Jäger sagte, er nehme die aktuelle Drohung sehr ernst. „Solche Videos können gewaltbereite Salafisten weiter anstacheln“, sagte der SPDPolitiker. Auch wenn es keine Hinweise auf konkrete Entführungspläne gebe, seien die Sicherheitsbehörden in NRW wachsam. „Wir stehen mit den Bundesbehörden in engem Kontakt, um Erkenntnisse auszutauschen“, betonte Jäger.
Günter Krings, Vizechef der Unions-Bundestagsfraktion, erklärte, die neue Drohung liefere den letzten Beweis, dass es sich bei dem radikalen Kern der Salafisten „um eine Gruppe von Terroristen“handele. Es sei daher „höchste Zeit“, sie auch in NRW so zu behandeln. Peter Biesenbach, Innenexperte der CDU im Landtag, forderte eine Änderung des Aufenthaltsgesetzes. Er will Vorschläge einbringen, wie die Abschiebung von Salafisten aus der Türkei und aus EU-Ländern beschleunigt werden kann.