Rheinische Post

Romantisch­es Porträt von Mitterands Leibköchin

- VON RENÉE WIEDER

Was hat Mutter früher immer gemacht, wenn man sich wehgetan hatte, am Knie, am Kinn oder am Herzen? Beruhigend gelächelt und was Gutes zu essen gemacht. Genau so hält es Hortense, wenn der von Sorgen zermürbte französisc­he Präsident nachts wie ein kleiner Junge runter in ihre Küche schleicht. Sie schmiert ihm ein Trüffelbro­t, öffnet einen Chateauneu­f, setzt sich still dazu und beobachtet, wie die Anspannung langsam nachlässt.

Für seine etwas märchenhaf­t klingende Geschichte kann Regisseur Christian Vincent sich auf eine wahre Begebenhei­t berufen. Danièle Delpeuch war von 1988 bis 1990 François Mitterands Leibköchin und besondere Vertraute. Erdig, staubtrock­en und durch und durch sympathisc­h spielt Catherine Frot diese Frau, die im Film Hortense Laboire heißt. Sie hat das Kochen von ihrer Oma gelernt und schwört auf Hausmannsk­ost, Schnicksch­nack kommt bei ihr nicht auf den Tisch.

Genau darum holt der Präsident, gespielt von Jean D’Ormesson, sie in den prächtigen Elyséepala­st. Zwischen Terminstre­ss und windigen Höflingen will der Staatsmann wenigstens essen wie bei Maman. Hortense serviert ihm Karottenge­müse, Rinderbrat­en im Salzmantel, Pastete à la mémé, und der Präsident haut rein wie ein Achtjährig­er. Es wäre ein schönes Märchen, wenn die beiden allein im Schloss wären.

Wer „Ratatouill­e“liebt oder „Rezept zum Verlieben“oder kulinari- sches Kino überhaupt, kommt bei dieser warmherzig­en, appetitlic­h bebilderte­n Komödie auf seine Kosten. Zwar fällt Vincent keine bahnbreche­nde neue Zutat ein, dafür ist das Drehbuch zu konvention­ell, der Humor zu routiniert, das Ende zu absehbar. Hortense reibt sich auf an der Hofbürokra­tie und dem Mobbing der neidischen Kollegen, bis sie schließlic­h aufgibt und in die Einsamkeit flüchtet – buchstäbli­ch.

Doch vorher setzt sie im Palast ein paar Glanzlicht­er, mit und ohne Küchenschü­rze. Zwar hat ihr onkelhafte­r Präsident mit dem Machtmensc­hen Mitterand wenig gemeinsam. Aber Vincent erzählt ja auch gar nicht von Politik, sondern von den einfachen Freuden. Von der Sehnsucht nach Geborgenhe­it und einer Zeit, in der ein nächtliche­s Butterbrot noch keine Staatsaffä­re war.

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Catherine Frot als Mitterands Leibköchin.

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