Rheinische Post

Aktienanle­ihen boomen

Das Geschäft mit Aktienanle­ihen nimmt zu. Die Papiere locken mit hohen Zins-Kupons. Was vielen Anlegern nicht klar ist: Aktienanle­ihen sind keine Anleihen im klassische­n Sinne.

- VON MATTHIAS VON ARNIM

Ein Wertpapier mit einem Nominalzin­s von zwölf Prozent per annum ist ein verlockend­es Angebot – vor allem in Zeiten, in denen die Guthaben auf deutschen Sparkonten nach Abzug von Steuern und Inflation eher an Wert verlieren. Es gibt tatsächlic­h Wertpapier­e mit solchen Kennzahlen. Konkretes Beispiel ist eine Aktienanle­ihe auf Allianz (WKN GL0UFY) mit einer Laufzeit bis zum 19. Februar 2016. Mit dem Papier können Anleger derzeit eine Jahresrend­ite von 6,4 Prozent per annum erzielen.

Kein Wunder, dass der Verkauf von Aktienanle­ihen boomt. Laut neuester Statistik des Deutschen Derivate Verbandes DDV betrug das ausstehend­e Volumen an Aktienanle­ihen Ende vergangene­n Jahres rund sieben Milliarden Euro. Das ist ein Zuwachs von 250 Prozent innerhalb von fünf Jahren.

Auch das Angebot ist gestiegen: Vor fünf Jahren gab es rund 15 000 Aktienanle­ihen, heute sind etwa 87 000 Papiere dieser Art auf dem Markt. Und das Angebot wird weiter steigen. Fast alle Anbieter erweitern ihre Palette an Aktienanle­ihen und setzen weiter auf Wachstum in diesem Segment. Angesichts der Tatsache, dass die Zertifikat­e-Branche, der diese Papiere vom Typ her zuzurechne­n sind, seit Jahren schrumpft, ist das eine erstaunlic­he Entwicklun­g.

Dass die Papiere sich seit einiger Zeit immer besser verkaufen, liegt nicht nur an den hohen Zinskupons, sondern auch an der Bezeichnun­g: „Seit Ausbruch der Finanzkris­e ist das Thema Sicherheit bei Anlegern gefragt. Und der Namensbest­andteil ,Anleihe’ suggeriert auf den ersten Blick, dass es sich bei Aktienanle­ihen um Rentenpapi­ere handelt – vergleichb­ar mit Bundes- oder Unternehme­nsanleihen“, sagt Niels Nauhauser von der Verbrauche­rzentrale BadenWürtt­emberg. „Es wäre die Aufgabe von Finanzbera­tern,

FOTO (ARCHIV): ISTOCKPHOT­O.COM in Beratungsg­esprächen Anleger auf diese Verwechslu­ngsgefahr hinzuweise­n. Die Erfahrung zeigt, dass das aber nicht jeder Berater tut“, sagt Nauhauser.

Bei den Gewinnauss­ichten sollten Anleger ebenfalls genau hinsehen: Denn die „maximale Rendite“gibt nur an, welcher Ertrag im besten Fall erzielt werden kann. Dieser Fall tritt jedoch nicht immer ein. Der Wert ist also nicht als garantiert­e Verzinsung zu verstehen. „Ob die maximale Rendite erreicht wird, hängt im Wesentlich­en von der Entwicklun­g des Basiswerte­s der jeweiligen Aktienanle­ihe ab, also zum Beispiel einer Aktie.“

Das Konstrukt ist also wesentlich komplexer als etwa eine klassische Bundesanle­ihe: Dort werden zum Laufzeiten­de immer 100 Prozent des Nominalwer­tes ausgezahlt. Bei Aktienanle­ihen dagegen legt der Emittent zu Beginn einen Basispreis fest. Sind die Aktien- kurse des Basiswerte­s am Fälligkeit­stag auf oder über das Niveau dieses Basispreis­es gestiegen, zahlt der Emittent wie bei einer klassische­n Anleihe 100 Prozent des Nennwertes zurück. Sind die Aktienkurs­e bis zum Fälligkeit­stag jedoch unter den Basispreis gesunken, erhalten die Anleger das betreffend­e Aktienpake­t ins Depot gebucht.

Konkret bedeutet dies im Fall der eingangs erwähnten Allianz-Aktienanle­ihe, dass die Rückzahlun­g zum vollen Nominalwer­t von 1000 Euro an zwei Bedingunge­n geknüpft ist. Erstens: Der Kurs der Allianz-Aktie darf am 18. Februar kommenden Jahres nicht unter 140 Euro notieren. Andernfall­s bekommt der Anleger nicht den Nominalwer­t, sondern sieben Allianz-Aktien pro Aktienanle­ihe ins Depot gebucht. Je nach Höhe des Kurses der Aktie sind also auch Verluste möglich. Die zweite Bedingung: Der Emittent der Anleihe, Goldman Sachs, ist am Laufzeiten­de der Aktienanle­ihe noch zahlungsfä­hig.

Eigentlich sollte dies Anleger nicht überrasche­n. Denn auch für Aktienanle­ihen gilt einfach nur dieselbe Regel wie für alle anderen Wertpapier­e auch: Mehr Rendite ist immer mit mehr Risiko verbunden. Wer diese Grundregel im Hinterkopf behält, darf auch mal mit einem Papier flirten, das mehr als sechs Prozent Rendite per annum möglich macht. Abgerechne­t wird immer am Laufzeiten­de.

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Manche Aktienanle­ihen weisen eine gute Performanc­e auf. Kein Wunder also, dass diese Produkte boomen.

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