Aktienanleihen boomen
Das Geschäft mit Aktienanleihen nimmt zu. Die Papiere locken mit hohen Zins-Kupons. Was vielen Anlegern nicht klar ist: Aktienanleihen sind keine Anleihen im klassischen Sinne.
Ein Wertpapier mit einem Nominalzins von zwölf Prozent per annum ist ein verlockendes Angebot – vor allem in Zeiten, in denen die Guthaben auf deutschen Sparkonten nach Abzug von Steuern und Inflation eher an Wert verlieren. Es gibt tatsächlich Wertpapiere mit solchen Kennzahlen. Konkretes Beispiel ist eine Aktienanleihe auf Allianz (WKN GL0UFY) mit einer Laufzeit bis zum 19. Februar 2016. Mit dem Papier können Anleger derzeit eine Jahresrendite von 6,4 Prozent per annum erzielen.
Kein Wunder, dass der Verkauf von Aktienanleihen boomt. Laut neuester Statistik des Deutschen Derivate Verbandes DDV betrug das ausstehende Volumen an Aktienanleihen Ende vergangenen Jahres rund sieben Milliarden Euro. Das ist ein Zuwachs von 250 Prozent innerhalb von fünf Jahren.
Auch das Angebot ist gestiegen: Vor fünf Jahren gab es rund 15 000 Aktienanleihen, heute sind etwa 87 000 Papiere dieser Art auf dem Markt. Und das Angebot wird weiter steigen. Fast alle Anbieter erweitern ihre Palette an Aktienanleihen und setzen weiter auf Wachstum in diesem Segment. Angesichts der Tatsache, dass die Zertifikate-Branche, der diese Papiere vom Typ her zuzurechnen sind, seit Jahren schrumpft, ist das eine erstaunliche Entwicklung.
Dass die Papiere sich seit einiger Zeit immer besser verkaufen, liegt nicht nur an den hohen Zinskupons, sondern auch an der Bezeichnung: „Seit Ausbruch der Finanzkrise ist das Thema Sicherheit bei Anlegern gefragt. Und der Namensbestandteil ,Anleihe’ suggeriert auf den ersten Blick, dass es sich bei Aktienanleihen um Rentenpapiere handelt – vergleichbar mit Bundes- oder Unternehmensanleihen“, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale BadenWürttemberg. „Es wäre die Aufgabe von Finanzberatern,
FOTO (ARCHIV): ISTOCKPHOTO.COM in Beratungsgesprächen Anleger auf diese Verwechslungsgefahr hinzuweisen. Die Erfahrung zeigt, dass das aber nicht jeder Berater tut“, sagt Nauhauser.
Bei den Gewinnaussichten sollten Anleger ebenfalls genau hinsehen: Denn die „maximale Rendite“gibt nur an, welcher Ertrag im besten Fall erzielt werden kann. Dieser Fall tritt jedoch nicht immer ein. Der Wert ist also nicht als garantierte Verzinsung zu verstehen. „Ob die maximale Rendite erreicht wird, hängt im Wesentlichen von der Entwicklung des Basiswertes der jeweiligen Aktienanleihe ab, also zum Beispiel einer Aktie.“
Das Konstrukt ist also wesentlich komplexer als etwa eine klassische Bundesanleihe: Dort werden zum Laufzeitende immer 100 Prozent des Nominalwertes ausgezahlt. Bei Aktienanleihen dagegen legt der Emittent zu Beginn einen Basispreis fest. Sind die Aktien- kurse des Basiswertes am Fälligkeitstag auf oder über das Niveau dieses Basispreises gestiegen, zahlt der Emittent wie bei einer klassischen Anleihe 100 Prozent des Nennwertes zurück. Sind die Aktienkurse bis zum Fälligkeitstag jedoch unter den Basispreis gesunken, erhalten die Anleger das betreffende Aktienpaket ins Depot gebucht.
Konkret bedeutet dies im Fall der eingangs erwähnten Allianz-Aktienanleihe, dass die Rückzahlung zum vollen Nominalwert von 1000 Euro an zwei Bedingungen geknüpft ist. Erstens: Der Kurs der Allianz-Aktie darf am 18. Februar kommenden Jahres nicht unter 140 Euro notieren. Andernfalls bekommt der Anleger nicht den Nominalwert, sondern sieben Allianz-Aktien pro Aktienanleihe ins Depot gebucht. Je nach Höhe des Kurses der Aktie sind also auch Verluste möglich. Die zweite Bedingung: Der Emittent der Anleihe, Goldman Sachs, ist am Laufzeitende der Aktienanleihe noch zahlungsfähig.
Eigentlich sollte dies Anleger nicht überraschen. Denn auch für Aktienanleihen gilt einfach nur dieselbe Regel wie für alle anderen Wertpapiere auch: Mehr Rendite ist immer mit mehr Risiko verbunden. Wer diese Grundregel im Hinterkopf behält, darf auch mal mit einem Papier flirten, das mehr als sechs Prozent Rendite per annum möglich macht. Abgerechnet wird immer am Laufzeitende.