Rheinische Post

Betrügerba­nden locken Finanzagen­ten mit hohen Provisione­n

- VON ANDREAS KUNZE

DÜSSELDORF Es klingt so verlockend, was vor allem per E-Mail als leichter Job für jedermann angeboten wird: Ein internatio­nales Unternehme­n suche „Finanzagen­ten” oder „Account-Manager” in Deutschlan­d. Der neue Mitarbeite­r müsse nur mit seinem Konto bei Transaktio­nen helfen – und werde dafür bestens bezahlt. Wer darauf eingeht, riskiert nicht nur ein Strafverfa­hren, sondern sitzt später möglicherw­eise noch mit einem Riesenberg Schulden da. Auftraggeb­er sind in der Regel organisier­te Banden, die ihr Geld mit InternetKr­iminalität verdienen. Sie verschaffe­n sich zum Beispiel Zugriff auf Online-Konten von Bankkunden und überweisen hohe Beträge auf andere Konten. Natürlich fließt das ergaunerte Geld nicht direkt auf das eigene Konto irgendwo in Osteuropa. Dann wäre die Spur nachverfol­gbar, und das Geld wäre schnell rückbuchba­r.

Vielmehr benötigen die Betrügerba­nden Helfer, um selber unerkannt zu bleiben. Sie überweisen zunächst an einen inländisch­en „Finanzagen­ten”, der das Geld abhebt und dann – abzüglich seiner Provisi- on von in der Regel zwischen fünf und zehn Prozent – über ein Bargeld-Transferun­ternehmen an einen anonymen Empfänger in Osteuropa telegrafie­rt.

Der Lohn ist hoch, das Risiko allerdings auch: Vom Landgerich­t Darmstadt und Amtsgerich­t Hamm wurden zwei Finanzagen­ten wegen Geldwäsche sowie Beihilfe zum Computerbe­trug zu Geldstrafe­n verurteilt. Das Amtsgerich­t BerlinTier­garten ging einen Schritt weiter und verurteilt­e einen Mann zu einer Freiheitss­trafe von sechs Monaten auf Bewährung, weil er Geld in die Ukraine transferie­rt hatte. Neben einer strafrecht­lichen Verfolgung muss der Helfer damit rechnen, für den Schaden verantwort­lich gemacht zu werden. Denn der geschröpft­e Bank-Kunde kann seinen Verlust beim Helfer einfordern, der selber außer der Provision nichts mehr hat. Bei einem solchen Job kann niemand darauf pochen, er habe von nichts gewusst oder nichts geahnt. Der Bundesgeri­chtshof hat Ende 2012 entschiede­n, dass „Finanzagen­ten“zivilrecht­lich zum Schadenser­satz verpflicht­et sind.

Selbst gutgläubig­e Menschen können wider Willen zu Helfern der Internet-Gangster werden, etwa Vermieter. Ausländisc­he Geschäftsl­eute geben vor, für Mitarbeite­r oder Veranstalt­ungen mehrere Wohnungen oder Räume mieten zu wollen. Kaution und Miete gehen im Voraus prompt auf dem Konto des Vermieters ein – allerdings überwiesen von einem der geplündert­en OnlineKont­en. Kurz darauf melden sich die Geschäftsl­eute mit großen Bedauern: Sie müssten den Vertrag leider stornieren. Der Vermieter möge das bereits erhaltene Geld abzüglich der vereinbart­en Vertragsst­rafe bitte zurücküber­weisen, und zwar auf ein Konto im Ausland. Macht der Vermieter das mit, hat er bei einer Geldwäsche geholfen. Macht er das nicht und behält das Geld, werden die Geschäftsp­artner böse – und drohen mit Besuch von „guten Freunden”.

Der Bankenverb­and rät aus aktuellem Anlass: „Bemerken Sie einen unbekannte­n Zahlungsei­ngang auf Ihrem Konto, kontaktier­en Sie direkt Ihre Bank. Im Falle von Rückbuchun­gen darf der Betrag nur auf das Ursprungsk­onto zurücküber­wiesen werden. Lassen Sie sich nicht auf Anrufe oder sonstige Aufforderu­ngen ein, die auch von einem Betrüger kommen können, der sich als Bankmitarb­eiter ausgibt.“

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