Betrügerbanden locken Finanzagenten mit hohen Provisionen
DÜSSELDORF Es klingt so verlockend, was vor allem per E-Mail als leichter Job für jedermann angeboten wird: Ein internationales Unternehmen suche „Finanzagenten” oder „Account-Manager” in Deutschland. Der neue Mitarbeiter müsse nur mit seinem Konto bei Transaktionen helfen – und werde dafür bestens bezahlt. Wer darauf eingeht, riskiert nicht nur ein Strafverfahren, sondern sitzt später möglicherweise noch mit einem Riesenberg Schulden da. Auftraggeber sind in der Regel organisierte Banden, die ihr Geld mit InternetKriminalität verdienen. Sie verschaffen sich zum Beispiel Zugriff auf Online-Konten von Bankkunden und überweisen hohe Beträge auf andere Konten. Natürlich fließt das ergaunerte Geld nicht direkt auf das eigene Konto irgendwo in Osteuropa. Dann wäre die Spur nachverfolgbar, und das Geld wäre schnell rückbuchbar.
Vielmehr benötigen die Betrügerbanden Helfer, um selber unerkannt zu bleiben. Sie überweisen zunächst an einen inländischen „Finanzagenten”, der das Geld abhebt und dann – abzüglich seiner Provisi- on von in der Regel zwischen fünf und zehn Prozent – über ein Bargeld-Transferunternehmen an einen anonymen Empfänger in Osteuropa telegrafiert.
Der Lohn ist hoch, das Risiko allerdings auch: Vom Landgericht Darmstadt und Amtsgericht Hamm wurden zwei Finanzagenten wegen Geldwäsche sowie Beihilfe zum Computerbetrug zu Geldstrafen verurteilt. Das Amtsgericht BerlinTiergarten ging einen Schritt weiter und verurteilte einen Mann zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung, weil er Geld in die Ukraine transferiert hatte. Neben einer strafrechtlichen Verfolgung muss der Helfer damit rechnen, für den Schaden verantwortlich gemacht zu werden. Denn der geschröpfte Bank-Kunde kann seinen Verlust beim Helfer einfordern, der selber außer der Provision nichts mehr hat. Bei einem solchen Job kann niemand darauf pochen, er habe von nichts gewusst oder nichts geahnt. Der Bundesgerichtshof hat Ende 2012 entschieden, dass „Finanzagenten“zivilrechtlich zum Schadensersatz verpflichtet sind.
Selbst gutgläubige Menschen können wider Willen zu Helfern der Internet-Gangster werden, etwa Vermieter. Ausländische Geschäftsleute geben vor, für Mitarbeiter oder Veranstaltungen mehrere Wohnungen oder Räume mieten zu wollen. Kaution und Miete gehen im Voraus prompt auf dem Konto des Vermieters ein – allerdings überwiesen von einem der geplünderten OnlineKonten. Kurz darauf melden sich die Geschäftsleute mit großen Bedauern: Sie müssten den Vertrag leider stornieren. Der Vermieter möge das bereits erhaltene Geld abzüglich der vereinbarten Vertragsstrafe bitte zurücküberweisen, und zwar auf ein Konto im Ausland. Macht der Vermieter das mit, hat er bei einer Geldwäsche geholfen. Macht er das nicht und behält das Geld, werden die Geschäftspartner böse – und drohen mit Besuch von „guten Freunden”.
Der Bankenverband rät aus aktuellem Anlass: „Bemerken Sie einen unbekannten Zahlungseingang auf Ihrem Konto, kontaktieren Sie direkt Ihre Bank. Im Falle von Rückbuchungen darf der Betrag nur auf das Ursprungskonto zurücküberwiesen werden. Lassen Sie sich nicht auf Anrufe oder sonstige Aufforderungen ein, die auch von einem Betrüger kommen können, der sich als Bankmitarbeiter ausgibt.“