Alles im Fluss: Paddelerlebnis auf der Lahn
Die Lahn bietet Paddlern ein ruhiges Fahrwasser und eine idyllische Landschaft mit zahlreichen seltenen Tier- und Pflanzenarten.
Im gleichmäßigen Rhythmus taucht das Paddel ins Wasser ein, durchzieht es und taucht wieder auf, um von vorne zu beginnen. Zug um Zug schiebt sich das Kanu auf dem Fluss vorwärts. Das Wasser kräuselt sich in kleinen Wellen am Bug, Strömung ist jedoch kaum zu spüren. Sanft gleitet die Lahn unter dem Boot hindurch und lässt es ruhig vorwärts schwimmen. Bewegung bringt erst ein entgegenkommendes Motorboot in den Familienausflug. Pfeilförmig breiten sich die Wellen Richtung Ufer aus, klatschen leise gegen die Bordwand, und das Kanu beginnt wie eine Nussschale leicht zu schaukeln.
Die malerische Altstadt von Diez mit dem barocken Schloss Oranienstein und der historischen Stiftskirche ist nach der ersten Flussbiegung hinter dem Heck verschwunden. Am Ufer direkt an der Einmündung der Aar in die Lahn bei Kilometer 84 hat die Reise begonnen. Dort hat die Gruppe die Boote zu Wasser gelassen – der Proviant für das Picknick sowie Handtücher und Decken sorgsam in Kanister verstaut, damit alles trocken bleibt. Die kleineren Fahrgäste haben sich nur unter Protest in die engen Schwimmwesten zwängen lassen, doch es blieb ihnen keine Wahl. Noch eine kurze Einführung und ein paar Trockenübungen mit dem Paddel, dann setzen sich die beiden Vierer-Canadier Schlag auf Schlag in Bewegung.
Nach einigen Schlangenlinien hat der Steuermann den richtigen Kurs eingeschlagen und der Schlagmann seinen Rhythmus gefunden. Die Mitreisenden haben es sich auf der breiten Bank zwischen Bug und Heck bequem gemacht und lassen die Landschaft an sich vorbei ziehen. Fast scheinen sie in eine andere Welt eingetaucht zu sein: ein undurchdringliches Dickicht aus Pflanzen säumt das Ufer. Träge lassen die Bäume ihre langen Äste ins Wasser baumeln. Begleitet vom melodiösen Gesang verschiedener Vögel tanzen Libellen über das malachit-grüne Wasser, in dem sich der blaue Himmel spiegelt. Die Welt rundherum scheint darin versunken zu sein.
Hinter der nächsten Flussbiegung wandelt sich das Bild. Unter dem verwitterten Metallgerippe einer alten Eisen- bahnbrücke sucht eine andere Paddelgruppe nach Abkühlung. Prustend und lachend plantschen die Kinder im Wasser, versuchen sich gegenseitig noch nasser zu machen und vom Kanu aus mit möglichst hohen Fontänen in den Fluss zu springen. Keuchend sacken sie schließlich auf den Bootsbänken in sich zusammen. Darauf hat sich ein anderes Paar genießerisch zurück gelehnt, gönnt dem Gesicht ein Sonnenbad und lässt sich treiben.
Wir sehen uns nach einer geeigneten Anlegestelle um, die zum Picknick einlädt. Im Schatten wuchtiger Bäume scheint ein kleiner Steg nur auf uns zu warten. Die Boote sicher daran zu vertäuen und zu entladen, erweist sich als wackelige Angelegenheit. Doch irgendwie gelingt es, alles trocken überzusetzen. Tisch und Bänke aus rustikalem Holz stehen bereit und sind bald mit bunten Servietten, Bechern und Tellern sowie zahlreichen Schüsseln mit Kartoffelsalat, Frikadellen, Tomaten, Gurken, Brötchen, Käse, Würstchen und Muffins beladen. Mit Blick auf die idyllische Flusslandschaft beginnt das Mahl unter freiem Himmel.
Gestärkt nehmen die Schlagleute ihren Rhythmus wieder auf. Eintauchen, durchziehen, auftauchen; eintauchen, durchziehen, auftauchen – von jeder Bewegung bleibt nur ein kleiner Strudel übrig, während sich das Kanu Balduinstein entgegen schiebt. Vereinzelt tauchen die liebevoll gepfleg- ten Gärten schmucker Einfamilienhäuser am linken Ufer auf – die Vorboten des nahenden Ortes. Bewacht von den majestätischen Türmen von Schloss Schaumburg taucht das Städtchen wenig später vor uns auf. Wir haben unser Ziel erreicht. Während die Boote am Ufer liegen bleiben, steigen wir in die schnaufende kleine Bahn ein, die uns ratternd zum Startpunkt zurückbringt.