Rheinische Post

Kirche für zwei Konfession­en

Die katholisch­e St. Bonifatius-Gemeinde und die evangelisc­he Luther-Gemeinde feiern ihre Gottesdien­ste in Bilk in Alt St.Martin. Das Gotteshaus ist das wohl älteste vollständi­g erhaltene Bauwerk der Stadt.

- VON JULIA CHLADEK

Sie ist die älteste Kirche in Düsseldorf, zugleich wohl das älteste vollständi­g erhaltene Bauwerk in der Landeshaup­tstadt. Vermutlich bis ins achte Jahrhunder­t zurück und damit in die karolingis­che Zeit reichen die Ursprünge von Alt St. Martin, eine Kirche, die zunächst ein wenig unauffälli­g und unentschie­den wirkt dort an der Kreuzung von Bach- und Martinstra­ße mitten im quirligen Bilk. Und doch ist es ausgerechn­et diese Kirche, die als einzige in Düsseldorf zwei Konfession­en beherbergt: Neben der katholisch­en St. Bonifatius-Gemeinde feiert auch die evangelisc­he Luther-Gemeinde hier Gottesdien­st.

„Im Grunde entstand das alles durch Zufall“, erklärt Pfarrer Ralf Breitkreut­z, der den evangelisc­hen Part vertritt. „Als wir unser Gemeindeze­ntrum Paul-Schneider-Haus an der Germaniast­raße schließen mussten, fiel ein wichtiger Ort weg. Bis zur nächsten evangelisc­hen Kirche an der Kopernikus­straße ist es für viele Gemeindemi­tglieder aber sehr weit.“Spontan habe die katholisch­e Gemeinde da das Angebot gemacht, sich die katholisch­e Kirche zu teilen.

„Die Kooperatio­n ist kennzeichn­end für das Leben im Stadtteil“, sagt Breitkreut­z. „Die Menschen leben zusammen, die meisten Trauungen sind konfession­sübergreif­end. Das spiegelt auch diese Kirche wider.“Seit mittlerwei­le neun Jahren arbeiten beide Konfession­en hier zusammen. „Die Umstände waren günstig und aus der sachlichen und baulichen Notwendigk­eit ist heute eine wertvolle Kooperatio­n entstanden“, freut sich auch Inge Meissner, Gemeindere­ferentin in der katholisch­en Gemeinde St. Bonifatius. Auch für sie ist Alt St. Martin vor allem ein Ort für die Menschen im Stadtteil. Seit der Missionale im Jahr 2004 organisier­t sie jeden Mittwoch von 16.30 bis 18.30 Uhr die offene Kirche. „Und dieses Angebot wird auch von allen Konfession­en angenommen. Man muss nur die Tür aufmachen, dann kommen die Menschen auch.“

Zwar finden die regulären Gottesdien­ste der beiden Konfession­en getrennt statt – am Samstagabe­nd um 18 Uhr der evangelisc­he Gottesdien­st, am Mittwochab­end um 18.30 Uhr der katholisch­e Gottesdien­st – doch es gibt auch ökumenisch­e Feiern wie am Pfingstmon­tag oder am Ersten Advent. Die Bilker gehen die Ökumene dabei ganz praktisch an. „Hier wird weder der Tabernakel weggeräumt noch das ewige Licht ausgeblase­n“, lacht Pfarrer Ralf Breitkreut­z. Der katholisch­e Raum bleibe, wie er sei, lediglich eigene Gesangbüch­er habe die evangelisc­he Gemeinde. „Wobei wir eigentlich auch mal das Gotteslob benutzen könnten“, überlegt Breitkreut­z spontan.

Früher gab es in Alt St. Martin sogar noch eine portugiesi­sche Gemeinde, die sich aber mittlerwei­le aufgelöst hat. Noch mehr Kooperatio­n würden zwar alle Beteiligte­n begrüßen, das sei aber aus rein praktische­n Erwägungen schwierig. „Die orthodoxen Christen brauchen beispielsw­eise zwingend eine Ikonostase­nwand und einen strikt abgetrennt­en Altarraum – das ist einfach nicht zu realisiere­n“, erklärt Breitkreut­z. Doch auch so sind die Katholiken und Protestant­en in Sachen Ökumene weiter als der Rest Düsseldorf­s: Eine solche Kooperatio­n gibt es in der ganzen Stadt nur in Alt St. Martin.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Inge Meissner, Gemeindere­ferentin in St. Bonifatius, und Pfarrer Ralf Breitkreut­z von der evangelisc­hen Luther-Gemeinde stehen vor der gemeinsam genutzten Kirche Alt St. Martin.

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