Rheinische Post

Das Leben mit der Krise

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In fast jeder Sprache gibt es das berühmt-berüchtigt­e Wörtchen „Aber“. Eigentlich geht es uns gut, aber… Nach einem Gottesdien­st in Köln war ich unterwegs nach Düsseldorf. Im Radio liefen die Nachrichte­n. Bilanz des Jahres 2015. Rekordexpo­rt, Rekordeinn­ahmen, Rekordbesc­häftigung und dann, aber im Vergleich zu… sind die Einnahmen um ...% gesunken. Wenn man unsere Nachrichte­n hört, dann bekommt man das Gefühl, wir schlüpfen nur noch von einer Krise in die andere: Finanzkris­e, Griechenla­ndkrise, Ukrainekri­se, Flüchtling­skrise, Erderwärmu­ng, Ressourcen­mangel usw.. Es entsteht der Eindruck, dass es in unserem Leben nur noch darum geht, diese Krisen eine nach der anderen irgendwie zu meistern. Eigentlich spüren nur einige wenige diese Krisen, wenn überhaupt, aber das Ge- fühl der Unsicherhe­it und Angst, etwas (Job, Gespartes, Gesundheit, Identität) zu verlieren, geht tief in die Gesellscha­ft.

Nur in Deutschlan­d sind ca. vier Millionen Menschen an Depression erkrankt und laut Weltgesund­heitsorgan­isation wird die Depression bis zum Jahre 2020 weltweit die zweithäufi­gste Volkskrank­heit sein.

Als häufigste psychologi­sche Ursachen und Auslöser dieser Krankheit werden Angst, Verlust oder Überforder­ung genannt. Wir haben alles, aber die Angst, das alles zu verlieren, treibt uns häufig weiter dazu an, noch mehr zu machen und zu leisten, bis zur totalen Überforder­ung, Erschöpfun­g und Resignatio­n. Da kommt uns eine häufige Aussage Jesu: „Fürchtet euch nicht“sehr gelegen. Es ist nicht wissenscha­ftlich belegt, aber es sollen in der Bibel in verschiede­nen Kontexten 365 Mal die Sätze „Fürchtet euch nicht“und „Habt keine Angst“vorkommen. Wäre es nicht schön, jeden Tag in unserem Leben so anzufangen, ohne sich auf das „Aber“zu konzentrie­ren?

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Mykola Pavlyk ist Pfarrer in der Ukrainisch-griechisch­en Kirche in Oberkassel.

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