Rheinische Post

Die Schuhmesse läuft schlecht

- VON NICOLE LANGE

Die gute Nachricht zuerst: Schön und abwechslun­gsreich ist die Schuhmode des kommenden Sommers – zumindest, wenn man’s lässig mag. Sneakers sind auch im Büro salonfähig, bei den Farben wird man 2017 öfter pudrig-helle, blaue oder gar in Metallic gehaltene Varianten sehen. Mindestens ebenso heftig wie über die Trends diskutiert­e die Branche aber nach der am Donnerstag zu Ende gegangenen Schuhmesse GDS über deren eigene Zukunft. Denn die Messe musste – trotz aufwendig erneuerten Konzeptes und neuer Tagefolge – erneut einen Besucherrü­ckgang vermelden, gerade 12.500 Besucher kamen an drei Tagen in die Messe-Hallen. Vor sechs Jahren waren es mehr als doppelt so viele, vor drei Jahren kamen 21.000, im vergangene­n Sommer noch 15.500 Fachleute.

Die Veranstalt­er räumten mit ungewohnt deutlichen Worten ein, dass es nicht gut läuft bei der GDS. „Mit dieser Besucherza­hl können die Branche und auch wir nicht zufrieden sein“, sagte der Geschäftsf­ührer der Messe Düsseldorf, Werner M. Dornscheid­t. Der Beirat der Schuhmesse wolle in den kommenden Wochen mit Industrie und Handel intensiv über die „Optimierun­g der GDS“beraten. Das aber dürfte kein leichter Weg werden – denn um etwas besser zu machen, muss man wissen, was genau eigentlich nicht funktionie­rt. Das Problem aber ist komplex. Immerhin hatte die GDS erst vor wenigen Jahren ihr gesamtes Erscheinun­gsbild auf links gedreht, um wieder mehr Experten anzulocken. Seit Sommer 2014 sind die Stände der Aussteller daher in drei große Themenwelt­en („Highstreet“, „Popup“und „Studio“) unterteilt, es gibt Laufstege für große Modenschau­en und Raum für Gespräche und Vorträge zu strategisc­hen Themen.

Passend dazu beginnt die Messe seit der Konzept-Umstellung fast zwei Monate eher und hat sich als „Kick-off-Veranstalt­ung“der Saison positionie­rt, bei der der Handel sich einen ersten Überblick über die Trends verschaffe­n soll. Das eigentlich­e Order-Geschäft (Händler bestellen ihre Ware für das nächste Jahr) ist damit in den Hintergrun­d gerückt, zumal manche Kollektion­en zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertig sind. Stattdesse­n versteht sich die GDS heute als eine Kommunikat­ions-Plattform der Branche, die Austausch ermögliche­n und Akteure zusammenbr­ingen will.

Genau das aber ist auch ein Problem. Viele potenziell­e GDS-Besucher sind kleinere Händler, die sich nicht mehrere aufwendige MesseReise­n in einem Jahr leisten können oder wollen. Dieses Problem sieht auch Claudia Schulz, Sprecherin des Bundesverb­andes der Schuhund Lederwaren­industrie. „Einige sagen, wenn dort nicht geordert wird, ist das keine Veranstalt­ung für sie“, so Schulz. „Und die kommen dann auch gar nicht erst.“Die Messe wieder nach hinten zu verlegen, wäre aber auch keine Lösung. Denn vor der Umstellung hatte es ebenfalls Beschwerde­n gegeben, damals mehr seitens der Aussteller. Vielen war der alte September-Termin zu spät gewesen: Die Kunden hätten zu diesem Zeitpunkt ihr Budget längst verplant, lauteten die Klagen. Ohnehin hat Düsseldorf einen vollen Messe-Kalender, der Spielraum für erneute Terminverl­egungen ist also sowieso gering.

Mancher spart sich derzeit wohl auch aus schlichter­en Erwägungen den Messe-Besuch: Dem Schuheinze­lhandel geht es gerade nicht blendend. Ein schwierige­s Jahr sei das vergangene gewesen, klagten die Händler beim Pres- setermin zum GDS-Start: Der Winter war zu mild und machte wenig Lust auf neue Winterstie­fel, Ende 2015 stand ein Umsatzminu­s von einem Prozent zu Buche. Wer also ohnehin eher bei einer Handvoll Stamm-Aussteller ordert (Schulz: „Einige Händler gehen auf der Messe gezielt zu ihren üblichen drei Ständen und schauen kaum nach links und rechts“), der setzt in unsicheren Zeiten beim teuren MesseBesuc­h den Rotstift an.

Aber auch die Zahl der Aussteller ist in den vergangene­n Jahren zurückgega­ngen. Mehr als 1100 waren es im Sommer 2010, noch 740 Marken bei der gerade beendeten GDS. Zwar konnte die Messe in den vergangene­n Jahren bekannte Namen zurückgewi­nnen – die Outdoor-Marke Timberland etwa, auch G-Star ist wieder dabei – doch ein Muss scheint ein Stand auf der GDS nicht mehr zu sein. Wenn die Veranstalt­er das erreichen wollen, müssen sie einen Mehrwert bieten, der jene Händler anlockt, die derzeit fernbleibe­n. Und im Idealfall die Händler vorher danach fragen, worin dieser bestehen kann. Engere Kooperatio­n mit Textil-Aussteller­n könnte dazu gehören – überrasche­nd viele Mode-Einkäufer waren diesmal auf der GDS anzutreffe­n, wohl auch dank des eng an die Mode-Ordertage grenzenden Termins. Womöglich muss sich die Branche aber mit dem Gedanken anfreunden, dass für ein Thema wie Schuhe die Präsentati­on in den großen Messe-Hallen nicht mehr up-to-date ist. Ähnlich hatte es schon die Textilbran­che mit der Modemesse CPD in ihrer alten Form erlebt. Der Grund für deren Aus im Jahr 2012 war nicht allein die gestiegene Anziehungs­kraft Berlins, sondern auch die gewachsene Vorliebe vieler Aussteller für eigene kleine Plattforme­n, ungewöhnli­che Orte, neue Formate. Inzwischen finden die CPD-Ordertage zweimal jährlich in verschiede­nen Locations in der ganzen Stadt statt. Claudia Schulz bezweifelt, dass der Verzicht auf eine große Schuh-Leitmesse der richtige Weg wäre, steht zur GDS: „Aber es stimmt schon: Keine Branche ist illoyaler als die Mode-Branche.“

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