„Allahu akbar“auf Erdogan-Demo
Bis zu 40.000 Menschen haben in Köln ihre Unterstützung für den türkischen Staatspräsidenten bekundet. Auch Symbole der Ultranationalisten waren zu sehen. Die befürchtete Gewalt blieb aus.
KÖLN Ohne größere Zwischenfälle ist in Köln die Großdemonstration verlaufen, die nach dem gescheiterten Putsch als Zuspruch für den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan gedacht war. Die Polizei ging von bis zu 40.000 Teilnehmern aus – ein Drittel mehr als erwartet. „Das Gelände war mehr als ausgelastet“, sagte eine Polizeisprecherin. Aus der Menge ertönten die Rufe „Allahu akbar“(„Allah ist groß“) und „Türkei über alles“. Auch wurden Forderungen laut, in der Türkei die Todesstrafe wiedereinzuführen. Die Deutzer Werft war in ein rotes Fahnenmeer getaucht; zu sehen waren auch Flaggen der ultrarechten türkischen „Grauen Wölfe“.
Parallel dazu gab es in Köln Demonstrationen von Erdogan-Gegnern. Die Polizei löste eine Kundgebung der rechtsgerichteten Gruppe „Pro NRW“auf, unter die sich Hooligans gemischt hatten. Insgesamt waren 2850 Polizeikräfte im Einsatz. Auf Unverständnis stieß, dass nahe dem Hauptbahnhof Dreharbeiten für die RTL-Actionserie „Cobra 11“ genehmigt worden waren. Angekündigte „Knallereien“fanden dann aber doch nicht statt.
Zu Beginn der Großdemonstration hatten die Teilnehmer die deutsche und die türkische Nationalhymne gesungen. In einer Schweigeminute wurde der 270 Menschen gedacht, die bei dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli ums Leben gekommen waren. Die Gedenkminute galt auch den Opfern der jüngsten Terroranschläge in Frankreich und Deutschland.
Die Veranstaltung wurde live in die Türkei übertragen. Eigentlich sollte Erdogan zugeschaltet werden, doch dies hatten deutsche Gerichte untersagt. Liveübertragungen ausländischer Politiker seien nicht durch die hierzulande geltende Versammlungsfreiheit gedeckt, hieß es. Das von der „Union EuropäischTürkischer Demokraten“als Veranstalter angerufene Bundesverfassungsgericht hatte das bestätigt. Die Großbildwände durften demnach nur verwendet werden, um anwesende Politiker groß zu zeigen.
Ein Sprecher Erdogans bezeichnete das als inakzeptabel. Man frage sich, was der „wahre Grund“sei, dass die Behörden eine Ansprache des Präsidenten verhinderten. Auch der türkische Sportminister Akif Kiliç, der in Köln auftrat, kritisierte, dass Erdogan nicht zugeschaltet werden durfte. Man sei mit Ministerien in Deutschland im Gespräch und erwarte eine „vernünftige Erklärung“, sagte Kiliç auf Türkisch. Er betonte, es sei wichtig, „dass wir unsere Einheit nach außen zeigen“.
Erdogan, der sich am Abend für den Zuspruch aus Deutschland bedankte, geht in der Türkei mit harter Hand gegen tatsächliche und vermutete Gegner vor. Er macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich. Dessen Anhänger sehen sich auch in NRW zum Teil massiv unter Druck gesetzt.
Die Debatte um das Verhältnis der Deutschtürken zur Bundesrepublik geht unterdessen weiter. Die Kölner Demonstration zeige, dass das Band zwischen der Türkei und den in Deutschland lebenden Türkischstämmigen immer noch sehr eng sei, sagte Erdogan in seinem Grußwort. NRW-Integrationsminister Rainer Schmeltzer (SPD) sagte, die Deutschtürken seien „fester Teil unserer Gesellschaft. Die ganz große Mehrheit fühlt sich in NRW zu Hause.“Die Forderung aus der CDU, den Zugang zur doppelten Staatsbürgerschaft zu erschweren, stößt auf Zustimmung bei der CSU: „Wir haben eine generelle doppelte Staatsbürgerschaft immer abgelehnt, weil sie nicht zu mehr, sondern zu weniger Integration führt“, sagte Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt.