Becketts „Endspiel“als Schauspieler-Gala
In Salzburg ist das Theaterstück in großartiger Besetzung zu sehen. Thomas Adès’ Oper „The Exterminating Angel“überzeugt nicht.
SALZBURG Es ist vermutlich keine größere Entfernung zwischen zwei Filmen denkbar. Der eine stammt von 1959 und zeigt Heinz Rühmann als deutschen Kleinbürger, dem plötzlich übersinnliche Kräfte zufliegen: Er durchschreitet selbst dickste Mauern, als seien sie nicht vorhanden. So heißt der Film auch: „Ein Mann geht durch die Wand“. Wenige Monate später drehte der Spanier Luis Buñuel den Film „Der Würgeengel“, in dem eine versnobte Abendgesellschaft dank einer mysteriös-übersinnlichen Kraft das
Wenn in der Oper am Ende wie am Anfang die Glocken läuten, wissen die Leute, dass sie sich endgültig im Angesicht des Todes befinden. In Samuel Becketts Theaterstück „Endspiel“wissen sie es von Anfang an und geben sich keinen Illusionen hin. Sie sind sozusagen die Überlebenden der Arche Noah, denen die Tabletten und der Brei ausgegangen sind – nicht jedoch der jammervolle Zynismus, mit dem sich der blinde Hamm über Wasser hält. Sein Diener, der schwer rheumakranke Clov, kündigt alle zwei Minuten an, er werde Hamm, seinen Quälgeist, verlassen. Doch nichts passiert. Es ist das Requiem einer Schicksalsgemeinschaft.
Schon oft haben wir Becketts genialische Parabel über das Ende gesehen, sind den traurigen Helden und ihren Regisseuren auf allen Wegen in die Absurdität und die Moderne gefolgt, weswegen es eine lehrreiche Erfahrung ist, das Werk fast authentisch zu erleben. Im Salzburger Landestheater sind Großmeister unterwegs: Nicholas Ofczarek als Hamm und Michael Maertens als Clov (in den kleineren Rollen von Nell und Nagg sitzen Barbara Petritsch und Joachim Bissmeier in ihren Mülltonnen). Regisseur Dieter Dorn hat beiden die Freiheit gelassen, ihre Bühnenerfahrung auszuspielen. Sie ziehen denn auch alle Register der Bosheit und der Schmierage, sie wissen, wie man Lacher provoziert, aber selbstgefällig sind sie nicht, denn Beckett wollte genau dies: Heiterkeit im Wartezimmer des Endes. Alles spielt in einem emotionslosen, grauen Guckkasten (Jürgen Rose), dessen Fenster vernagelt sind und in dem ein Bilderrahmen ohne Inhalt hängt.
So ist der Anfang auch das Ende: Clov umkreist Hamm, der als blinder Despot mit Stoffpudel und Bootshaken in einem Herrschersessel sitzt, immerzu wie ein geschundener Engel mit guter Seele und steifen Beinen. Das geht über zweieinviertel Stunden so, aber nie wird es einem mit diesen beiden Strafgefangenen langweilig. Großes Theater. Gutes Altes verdirbt nie.