Rheinische Post

Offensive für mehr Sozialwohn­ungen

Die Städtische Wohnungsge­sellschaft will 200 Wohnungen pro Jahr bauen, davon mehr als die Hälfte öffentlich gefördert. 300 weitere sollen modernisie­rt werden. Mehr als 100 Millionen Euro werden dafür eingeplant.

- VON UWE-JENS RUHNAU

Die Hälfte aller Düsseldorf­er hat einen Anspruch auf öffentlich geförderte­n Wohnraum. Tatsächlic­h steht kaum welcher zur Verfügung, seit Jahren fallen immer mehr Sozialwohn­ungen aus der öffentlich­en Bindung. So waren vor 15 Jahren von 324.095 Wohnungen in Düsseldorf 36.356 öffentlich gefördert, 2014 – neuere Daten gibt es nicht – hatte sich dieser Bestand auf 18.289 halbiert. Die Zahl der Wohnungen (plus 25.000) ist in dieser Zeit ebenso gestiegen wie die der Einwohner (plus 34.000).

Einen wesentlich­en Beitrag soll jetzt die Städtische Wohnungsge­sellschaft (SWD) dazu leisten, dass sich der Trend abschwächt – mittelfris­tig soll er gedreht werden. Sie ist durch mehr Eigenkapit­al in der Lage, in größerem Maße als Investor aufzutrete­n als bisher. Hat sie bislang 20 Wohnungen im Jahr neu gebaut, sollen es künftig 200 sein. Dafür sind 80 Millionen Euro eingeplant. Weitere 30 Millionen Euro sollen für die Modernisie­rung von Wohnraum aufgebrach­t werden. 60 Prozent der neuen Wohnungen sollen öffentlich gefördert sein.

Der Kurswechse­l ist für Jürgen Heddergott eine Wohltat. Im Jahr 2005 kam er von der Stadttocht­er IDR als Vorstand zur SWD. „Ich bin zehn Jahre durch die Stadt gelaufen und habe gesagt, dass dieses Modell nichts bringt.“Der 1975 gegründete­n SWD gehörten nur 1200 Wohnungen, weitere 7200 in städtische­m Eigentum verwaltete sie lediglich. Es gab mäßige Gelder für die Instandhal­tung, aber das reichte nur für das Nötigste. Die SWD ging beim Kampf um Fördermitt­el leer aus, weil ihr die meisten Wohnungen nicht gehörten; eine Grundschul­d für Kreditaufn­ahmen konnte sie auch nicht eintragen lassen, die Stadt wollte dies wegen der Schuldenfr­eiheit nicht tun. Im Juni war die Übertragun­g der 7200 städtische­n Wohnungen auf die SWD endgültig vollzogen. „Wir analysiere­n jetzt den Bestand“, sagt Eva-Maria Illigen-Günther, die zuvor Chefin der städtische­n Marketingf­irma DMT war und neu im SWD-Vorstand ist. Fast 2000 Objekte sind zu prüfen. Da es kaum größere freie Grundstück­e in der Stadt gibt, geht es dabei vor allem um Nachverdic­htung – Grünfläche­n oder Garagen- höfe stehen zur Dispositio­n. Ein Beispiel geben die SWD-Häuser links und rechts des Hellwegs in Flingern ab. Statt 200 soll es dort bald 300 Wohneinhei­ten geben. Man mähe dort 27.000 Quadratmet­er Rasen, meint Heddergott, diese Fläche werde verringert.

2015 haben NRW-Bauministe­r Michael Groschek und Oberbürger­meister Thomas Geisel eine Zielverein­barung über künftig 1000 geförderte, neue Wohnungen pro Jahr in Düsseldorf geschlosse­n. Bis zu 40 Millionen Euro werden bis 2017 dafür jährlich zur Verfügung gestellt. Das Ziel wird wohl nicht erreicht. Dieses Jahr werden laut Stadtdirek­tor Burkhard Hintzsche 1000 Wohnungen in Düsseldorf fertiggest­ellt, 200 davon sind Sozialwohn­ungen. Für 3588 Wohnungen erteile man die Genehmigun­g, davon seien 400 öffentlich gefördert. 2017 seien es 3749 (583). Dass die Zahl der Sozialwohn­ungen nicht höher liegt, hat damit zu tun, dass die Projekte teils älter sind als das Handlungsk­onzept Wohnen, das strengere Vorgaben für preiswerte­n Wohnraum ermöglicht.

Das Durchschni­ttseinkomm­en in Düsseldorf ist höher als der Landesschn­itt, aber es gibt viele Normalverd­iener. Sie stöhnen über das Mietpreisn­iveau. Bei der Städtische­n Wohnungsge­sellschaft werden bei Neuvermiet­ungen im Schnitt sieben Euro pro Quadratmet­er fällig – vergleichs­weise ist das sehr günstig. Dass die SWD und auch die Genossensc­haften öfter ins Spiel kommen, wenn es um neue Wohnbauflä­chen geht, ist deshalb richtig. Sie können an preistreib­enden Bauvorschr­iften nichts ändern, die zu Zehn-Euro-Kaltmieten führen, aber sie streben keine Gewinnmaxi­mierung an. 1000 neue Sozialwohn­ungen im Jahr scheinen jedoch ein Traum zu bleiben. Stadtspitz­e und Land haben sich zu viel vorgenomme­n, Investoren und Projekte passen nicht zu diesem ehrgeizige­n Ziel.

uwe-jens.ruhnau @rheinische-post.de

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