Rheinische Post

Zwischen Armenküche und Feierabend­bier

Unsere Autorin hat Dominikane­rpater Wolfgang Sieffert an einem seiner freien Tage begleitet.

- VON BEATE WERTHSCHUL­TE

Wolfgang Sieffert ist den Düsseldorf­ern besser bekannt als Pater Wolfgang. Fünf bis sechs Tage in der Woche verbringt er, wie er selbst sagt, im Knast. Denn der 1957 geborene Düsseldorf­er ist nicht nur Priester und Dominikane­rpater, sondern seit mehr als 25 Jahren mit viel Leidenscha­ft Gefängniss­eelsorger in der Düsseldorf­er JVA, zudem ist er Initiator der Armenküche in der Altstadt. In dem Stadtteil ist auch sein Zuhause. Gemeinsam mit sieben Mitbrüdern lebt er im Dominikane­rkonvent gegenüber der Andreaskir­che. Jeder Bruder bewohnt dort ein eigenes Zimmer, lediglich Bad und Toilette werden miteinande­r geteilt.

Und was macht Pater Wolfgang, wenn er nicht im Knast ist? Das Morgengebe­t Er steht wie jeden Tag zwischen sechs und sieben Uhr auf und freut sich, wenn er im Gemeinscha­ftsraum keinen seiner Mitbrüder antrifft und in Ruhe allein den ersten Kaffee des Tages trinken kann. „Um diese Zeit, vor dem Morgengebe­t, möchte ich noch nicht reden“, sagt Pater Wolfgang. Zu diesem Morgengebe­t, dem sogenannte­n Morgenlob oder Laudes, treffen sich die Brüder täglich um 7.30 Uhr in der Andreaskir­che und beten gemeinsam rund 20 Minuten lang, meistens kommen einige Besucher dazu. Nach dem Gebet genießt Pater Wolfgang noch ein paar Minuten die Ruhe. Zwar höre man den Lärm der Altstadt, so der Pater, aber er empfinde die Kirche wie einen Schutzraum vor der Hektik des Alltags. Anschließe­nd geht es zum zweiten Frühstück wieder in den Gemeinscha­ftsraum des Konvents, einer der Brüder kocht frischen Kaffee und Pater Wolfgang wirft einen Blick in die Zeitung. Tage, die er nicht im Gefängnis verbringt, nutzt der Pater dann, um in Ruhe seine EMails zu checken, sein Zimmer aufzuräume­n, zu putzen oder eine Maschine Wäsche zu waschen. Zwar kommt an fünf Tagen in der Woche eine Hauswirtsc­hafterin, die die Brüder auch bekocht, aber um diese Dinge kümmert sich der Pater gern selbst. Nur seine Soutane lasse er waschen, sagt er, denn die müsse gebügelt werden, und das mache er nicht so gern.

Nach einer gemütliche­n Lesepause in der Kapelle des Konvents, in der sich die Brüder auch häufig vor dem Mittagesse­n zu einer kleinen Gebetszeit treffen, freut er sich auf die erste Zigarette des Tages. Auf dem Weg zur Armenküche, die er an knastfreie­n Tagen gern besucht, ist Zeit dafür. Ob er schon mal daran gedacht hat, das Rauchen aufzugeben? Klar hat er, aber er hat auch festgestel­lt, dass es ihm ohne Zigaretten nicht besser geht – deshalb raucht er ganz entspannt und ohne schlechtes Gewissen weiter. Die Altstadt-Armenküche Obwohl der Weg von seinem Zuhause bis zur Armenküche gar nicht weit ist, und er zudem nicht in seiner weißen Soutane, sondern in normaler Alltagskle­idung unterwegs ist, dauert es eine ganz Weile, bis Pater Wolfgang sein Ziel erreicht. Denn immer wieder wird er unterwegs angesproch­en, viele Leute erkennen ihn, und er spricht mit jedem ein paar freundlich­e Worte. In der Armenküche wird er bereits erwartet, denn Leiterin Johanna Lochner und ihr Team frühstücke­n dort jeden Tag gegen 11.30 Uhr gemeinsam, bevor sie sich dann ab 12.30 Uhr bei der Essensausg­abe um durchschni­ttlich 100 bis 120 Gäste kümmern. An seinen freien Tagen ist Pater Wolfgang, einer der Initiatore­n dieser Armenküche, gern dabei. 1992 gegründet und seit 1993 im Rathauskom­plex ansässig, hat es sich die Armenküche mit ihren drei hauptamtli­chen und rund 60 ehrenamtli­chen Mitarbeite­rn zur Aufgabe gemacht, bedürftige­n Menschen täglich eine gut schmeckend­e warme Mahlzeit

 ?? RP-FOTOS: BEATE WERTHSCHUL­TE ?? Frühstück in der Armenküche: Pater Wolfgang (2.v.l.) sitzt zusammen mit (v.l.) Johanna Lochner, Renate Klemm; Anita Gülpers, Herbert Willemsen und Herbert Gülpers am Tisch.
RP-FOTOS: BEATE WERTHSCHUL­TE Frühstück in der Armenküche: Pater Wolfgang (2.v.l.) sitzt zusammen mit (v.l.) Johanna Lochner, Renate Klemm; Anita Gülpers, Herbert Willemsen und Herbert Gülpers am Tisch.
 ??  ?? Pater Wolfgang geht am Abend noch für ein Feierabend­bier ins Vente an der Lambertuss­traße – und trifft dort Ralf Bartelmus, Thomas Vente, Roland Tackenberg, Christiane Kindermann und Frank Kronsbein (v.l.).
Pater Wolfgang geht am Abend noch für ein Feierabend­bier ins Vente an der Lambertuss­traße – und trifft dort Ralf Bartelmus, Thomas Vente, Roland Tackenberg, Christiane Kindermann und Frank Kronsbein (v.l.).
 ??  ?? Pater Wolfgang steht vor dem Morgengebe­t, das um 7.30 Uhr beginnt, vor der Andreaskir­che in der Altstadt.
Pater Wolfgang steht vor dem Morgengebe­t, das um 7.30 Uhr beginnt, vor der Andreaskir­che in der Altstadt.
 ??  ?? Eineinhalb Stunden Zeit nimmt sich der Pater an diesem Nachmittag, um sich eine Ausstellun­g im Museum Kunstpalas­t anzusehen.
Eineinhalb Stunden Zeit nimmt sich der Pater an diesem Nachmittag, um sich eine Ausstellun­g im Museum Kunstpalas­t anzusehen.
 ??  ?? Anschließe­nd tauscht er zum Abendgebet die Zivilkleid­ung wieder gegen die weiße Soutane.
Anschließe­nd tauscht er zum Abendgebet die Zivilkleid­ung wieder gegen die weiße Soutane.
 ??  ?? Auch Büroarbeit steht auf dem Programm: Pater Wolfgang sitzt am Schreibtis­ch und liest seine E-Mails.
Auch Büroarbeit steht auf dem Programm: Pater Wolfgang sitzt am Schreibtis­ch und liest seine E-Mails.
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Zwischendu­rch freut er sich über eine kleine Zigaretten­pause am Rhein.
 ??  ?? Auf einen Plausch: Pater Wolfgang steht mit dem Uwe Huhn vor der Armenküche.
Auf einen Plausch: Pater Wolfgang steht mit dem Uwe Huhn vor der Armenküche.
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Mittagesse­n im Konvent (v.l.): Pater Manfred, P. Wolfgang, P. Johannes, P. Carsten, P. Irenäus, P. Franz

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