Die Stadt diniert in Weiß
Beim Diner en blanc verwandelte sich die Living Bridge im Medienhafen am Samstagabend in eine edle Dinner-Tafel. Es war das sechste Mal, dass in Düsseldorf ein Abend ganz im Zeichen der Farbe Weiß stand. Der Ort wurde zuvor kurzfristig über Facebook bekannt gegeben. Einzige Voraussetzung, um bei den Treffen mitzumachen, sind weiße Kleidung, selbst mitgebrachte Tische und Stühle und ein dreigängiges kaltes Menü mit Getränken. Als sich am Samstagabend gegen 19 Uhr die ersten von Kopf bis Fuß in Weiß gekleideten Dinner-Fans am Rheinturm, von wo aus es laut Facebook-Ankündigung um 19.30 Uhr zu Fuß weitergehen sollte, sammelten, wirkten sie noch etwas verloren mit ihren Gartenstühlen, weißen Tischdecken und Bollerwagen, oben hin vollgepackt mit Deko, Essen und Getränken. Doch es wurden mehr und mehr. Und als um 19.30 Uhr per Facebook-Eintrag verkündet wurde, dass es zur Living Bridge, der Fußgängerbrücke im Medienhafen, gehen sollte, setzte sich eine beträchtliche Gruppe in Bewegung. Wer die Entfernung unterschätzt hatte, der bekam Bollerwagen-Kapazitäten von Mit-Dinierenden angeboten. Innerhalb kürzester Zeit verwandelte sich dann die Holzbrücke über dem Hafenbecken in eine weiß gedeckte Tafel, die mit jedem gehobenen Restaurant hätte mithalten können. Tische wurden aufgestellt, Tischdecken zurechtgerückt, Kerzenleuchter, Blumenvasen und Stoffservietten drapiert. Mit viel Liebe zum Detail gestalteten die Düsseldorfer die Living Bridge zu „ihrer“Dinner-Tafel. „Es ist einfach toll, wie viel Mühe sich hier jeder gibt und wie stilvoll die Tische gestaltet sind“, freute sich Simone Berngen. Sie war schon zum dritten Mal beim Diner en blanc dabei und hatte dieses Mal selbst ihr Outfit bis ins letzte Detail perfektioniert – vom weißen spitzen Tutu über die künstlichen Wimpern bis zum Spitzen-Schirmchen. Mitgebracht hatte sie außerdem Freundin und Musical-Darstellerin Anna Montanaro, die zum ersten Mal dabei war. „Ich bin begeistert von der Location und der Atmosphäre“, sagte Montanaro und reichte gleich ein Stück selbst gemachtes Focaccia. „Nur dranhängen und mitkommen, das ist nicht mein Ding. Ich wollte unbedingt mitorganisieren, habe Focaccia und Kuchen gebacken, Dips gemacht, Sushi besorgt. Man ist und bleibt eben Produzent“, sagte die Musical-Größe, die schon am Broadway spielte. Auch im nächsten Jahr wird sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an einem bestimmten Sommerabend wieder ein bestimmter Ort in Düsseldorf in eine strahlende weiße Dinner-Tafel verwandeln. Wann und wo, das bleibt abzuwarten – die Messlatte für die Veranstalter, von denen im Übrigen nicht mehr bekannt ist als ihre Facebook-Seite „Diner En Blanc Düsseldorf“, liegt jedenfalls hoch. Die Ursprünge des urbanen DinnerTrends vermutet man im Jahr 1988 in Frankreich, als Francois Pasquier seine aus den Fugen geratene Gartenparty kurzerhand in den nahegelegenen Park Bois de Boulogne im Westen von Paris verlagerte. Mittlerweile gibt es die Diners en blanc auf der ganzen Welt, von Toronto bis London, von Zürich bis Vilnius.
Julia Chladek