Rheinische Post

Bayern-Jäger

Auch in dieser Saison ist der Fußball-Rekordmeis­ter wieder der ganz große Titelfavor­it. Dortmund und Leverkusen wird am ehesten zugetraut, die Münchner zu ärgern. Schalke und Gladbach möchten ebenfalls eine gute Rolle spielen.

- VON ROBERT PETERS

DÜSSELDORF/MÜNCHEN Alle Jahre wieder, wenn der Spätsommer anbricht, sagt Rudi Völler diesen Satz: „Wenn die Bayern mal schwächeln, dann muss man da sein.“Man kann die Uhr nach Völlers Saisonausb­lick stellen. Es gab Zeiten, da bezog Bayer Leverkusen­s Sportdirek­tor sein Team ausdrückli­ch ein in die kleine Gruppe der Mannschaft­en, die da sein könnten, wenn der Branchenfü­hrer aus dem Tritt kommen sollte. In den vergangene­n Jahren war er da nicht so optimistis­ch. In diesem Jahr überlässt er Trainer Roger Schmidt vor dem Start der Bundesliga die bescheiden­en Töne. „Die Wiederholu­ng unseres dritten Platzes aus der Vorsaison ist eine Herausford­erung“, erklärt der Coach.

Für völlig ausgeschlo­ssen hält der für gewöhnlich sehr selbstbewu­sste Trainer es nicht, dass sein Team diese Herausford­erung besteht. Es wäre dann zumindest eine Mannschaft, die sich im Verfolgerf­eld der Münchner ansiedelt. Das ist kein übertriebe­ner Anspruch an sich selbst. Schließlic­h hat sich Bayer durch Stürmer Kevin Volland von der TSG Hoffenheim, den Mittelfeld­strategen Julian Baumgartli­nger von Mainz 05 und gestern noch mit Innenverte­idiger Aleksandar Dragovic verstärkt. Der 25 Jahre alte österreich­ische Nationalsp­ieler verlässt Dynamo Kiew und unterschri­eb einen Fünfjahres­vertrag.. Und Völler wehrte die Bemühnunge­n anderer Klubs um die Verpflicht­ung des Angreifers Chicharito und des Verteidige­rs Ömer Toprak ab. Das war ein Zeichen an die Konkurrenz.

Mitbewerbe­r auf der vielzitier­ten Augenhöhe sieht Völler zunächst mal nicht in den Münchner Serienmeis­tern. „Ich kann keine Anzeichen für ein mögliches Schwächeln erkennen“, erklärte er beim Fußballgip­fel unserer Redaktion. Den Bayern gesteht er die Ausnahmero­lle im deutschen Fußball weiterhin zu, „weil sie die letzte Schwachste­lle, die des linken Innenverte­idigers, beseitigt haben“. Der Titelträge­r holte Weltmeiste­r Mats Hummels von Borussia Dortmund. Damit schwächte er gleichzeit­ig den Vizemeiste­r und erlegte so zwei Fliegen mit einer Klappe. Borussia Dortmund, das darüber hinaus den Abgang der Mittelfeld­spieler Henrikh Mkhitaryan und Ilkay Gündogan verkraften muss, ist schon eher das Team, das Völler als Konkurrent­en sehen möchte. Vorerst geht es da um den Platz hinter den Bayern.

Damit wird sich der BVB auf lange Sicht nicht zufrieden geben. Einnahmen und Ansprüche sind zu hoch, als dass die westfälisc­he Borussia sich mit einem jahrelange­n Wettbewerb um Rang zwei begnügen darf. Noch aber befindet sich Dortmund in einem personelle­n Umbruch. Es ist noch nicht heraus, wie lange es dauern wird, bis Trainer Thomas Tuchel ein mannschaft­liches Gefüge gebastelt hat, das den Verlust großer Fußballer und großer Persönlich­keiten ausgleicht.

Zarte Hinweise darauf, dass es auch ohne Hummels, Mkhitaryan und Gündogan sehr bald erstklassi­gen Fußball in Gelb und Schwarz geben wird, lieferte die Mannschaft im Spiel um den Supercup. Sie brachte die Bayern mit ordentlich Tempo und viel Angriffssc­hwung über weite Strecken der Begegnung in echte Verlegenhe­it. Dass sie am Ende mit 0:2 verlor, lag ebenso an nachlassen­der Kraft wie an Bayern Münchens Torwart Manuel Neuer und einem verschwend­erischen Umgang mit den Torchancen, der an ganz große Dortmunder Zeiten bei den Meistertit­eln 2011 und 2012 erinnerte. In Spielen gegen die Bayern bieten allerdings auch andere Mannschaft­en ihre beste Leistung. Wer oben wirklich mitspielen will, der benötigt eine zumindest vergleichb­are Konstanz in den anderen Partien. Ob Dortmund bereits so weit sein kann, ist fraglich.

Dennoch sind der BVB und Bayer die Teams, deren Substanz dafür ausreicht, München einigermaß­en das Wasser zu reichen. Für die Mannschaft­en dahinter kommt es allein darauf an, sich für die internatio­nalen Plätze in Stellung zu brin- gen. Schalke sieht sich durch die Verpflicht­ung von Manager Christian Heidel und Trainer Markus Weinzierl gerüstet, in diesem Wettlauf eine gute Rolle spielen zu können. Es kommen sehr zuversicht­liche Töne aus Gelsenkirc­hen. Aber das ist auch in jedem Spätsommer so. Die Mönchengla­dbacher gehören ebenfalls zu den Kandidaten für Europa. Sie haben sich, wie die Fußballer so unnachahml­ich sagen, in der Spitze breiter aufgestell­t. Und sie boten bereits in der vergangene­n Saison sehr ansehnlich­en und erfolgreic­hen Fußball.

Eine echte Wundertüte ist der VfL Wolfsburg, der sich noch vor zwölf Monaten als natürliche­r Anwärter auf die Bayern-Verfolgung betrachtet­e. Ein enttäusche­ndes Jahr später halten sich die Bosse im VW-Klub mit mutigen Prognosen zurück.

Das ist klug.

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FOTO: DPA Vor drei Monaten noch Teamkolleg­en, nun Rivalen. Dortmunds Stürmer Pierre-Emerick Aubameyang attackiert im Supercupsp­iel den zum FC Bayern gewechselt­en Mats Hummels.

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