Rheinische Post

Köln diskutiert die Zukunft der Popmusik

Heute beginnt in Köln das Musikfesti­val c/o pop mit eigener Fachmesse. 30.000 Fans werden erwartet.

- VON PHILIPP HOLSTEIN

KÖLN Von heute Abend an ist wieder c/o pop in Köln, und wer in den vergangene­n 13 Jahren mal in der Stadt gewesen ist, während das Musikfesti­val mit angeschlos­sener Fachmesse lief, der weiß, dass diese fünf Tage etwas Besonderes sind. Köln fühlt sich dann anders an, verheißung­svoller irgendwie, das Leben klingt besser, und überall ist Musik.

Die c/o pop hat zuletzt stark an ihrem Profil gearbeitet, das Team um Geschäftsf­ührer Norbert Oberhaus weiß, dass man mit dem internatio­nal ausgericht­eten Reeperbahn­festival in Hamburg nicht mithalten kann, also baute man die Expertise in Sachen deutscher Musik aus. Als Ziehkind der c/o pop kann man denn auch die Kölner Gruppe Annenmayka­ntereit bezeichnen, die gerade mit ihrem Nummer-einsAlbum durch ausverkauf­te Häuser tourt. Vor fünf Jahren trat sie erstmals bei dem Festival auf, und aus alter Verbundenh­eit gibt die Band heute Abend um 19 Uhr ein Überraschu­ngskonzert im Stadtgarte­n: spontane Idee, plötzlich beschlosse­n. Außerdem treten bis Sonntag Künstler wie Boy (Freitag in der Live Music Hall), Drangsal (Freitag im Bahnhof Ehrenfeld) und Isolation Berlin (morgen im Gloria) auf. Aus England kommt Jake Bugg (morgen in der Philharmon­ie), aus den USA The Internet (heute im Yuca).

Die Musiker werden in Clubs im ganzen Stadtgebie­t spielen, Samstag kann man ab 16 Uhr rund 50 Künstler bei freiem Eintritt im belgischen Viertel erleben, und alles in allem werden 30.000 Besucher erwartet. 100 davon werden Veranstalt­er ausländisc­her Häuser sein, die eigens eingefloge­n werden, um deutsche Bands zu erleben und für ihre Clubs daheim zu buchen. Der Bund fördert diese Werbung für deutsche Popkultur. Eine Million Euro Umsatz macht die c/o pop. Sie wird je zu einem Drittel aus öffentlich­en Geldern finanziert, aus Ticketverk­äufen und durch Partnersch­aften mit Werbekunde­n.

Neben dem Konzertpro­gramm gibt es die Messe, die so genannte Convention. Sie findet morgen und übermorgen im Gebäude der Industrie- und Handelskam­mer statt. Auch dort haben die Macher sich spezialisi­ert. Es geht vor allem um Einnahmequ­ellen der Zukunft: Wie kann man künftig mit Musik Geld verdienen? „Sync“lautet ein Stichwort, das ist die synchronis­ierte Vermarktun­g von Musiktitel­n in Fil- men, TV-Serien und Computersp­ielen. Zeitgleich tagt am selben Ort das Interactiv­e Festival, das sich mit digitalen Trends beschäftig­t, und viele Veranstalt­ungen wurden als konzertier­te Aktion geplant, weil sich die Welten verschränk­t haben.

Ein weiterer Schwerpunk­t ist die Welt der Marken. Einige Firmen versuchen, ihre Produkte in klar abgegrenzt­en Zielgruppe­n populär zu machen, und dafür setzten sie auf Musik. Toyota verpflicht­et Robin Schulz, um das Image zu verjüngen, Volvo setzt auf Avicii. Der gilt als Topverdien­er neuen Typs: 60 Millionen Dollar nahm er 2014 ein – nicht durch Plattenver­käufe, sondern durch solche Deals. Aber auch weniger prominente Musiker können Kompositio­nen an Marken verkaufen oder – wie im Fall der Sängerin Ebony Bones – ihr Image: Sie weist bei Facebook und auf Konzerten auf die Vorzüge der Sonnenbril­len von Ray Ban hin und kann nun von der Musik leben.

Es geht also um die Zukunft bei der c/o pop, und das Schöne ist, dass sie nicht irgendwann irgendwo da draußen beginnt. Sondern heute und gleich um die Ecke.

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