Rheinische Post

Vielen Dank, Herr Geisel, aber es reicht!

Die sportliche­n Aktivitäte­n des Oberbürger­meisters in allen Ehren, aber irgendwann hat man als Betrachter genug vom Radschlage­n, Marathonla­ufen und Besteigen von Bergen. Die Botschaft ist angekommen.

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Sicher war es nicht der entscheide­nde Faktor, aber als die Düsseldorf­er sich bei der letzten Wahl zwischen zwei Menschen entscheide­n mussten, standen zur Auswahl der barock-ausladende Amtsinhabe­r im glänzenden Anzug mit Einstecktü­chlein, goldener Brille und Siegelring, der sich bei einer Sportvorfü­hrung die Hüfte brach, und sein dynamische­r, Marathonla­ufender Herausford­erer, der turnend, fahrradfah­rend und überall in der Stadt mit der ewig gleichen Botschaft hausieren ging: Ich bin fit, austrainie­rt und esse viel Gemüse, genau wie meine vielen überaus gesunden Kinder. Wenn Thomas Geisel dann noch Querflöte spielte, schien es, als brauche er nur einmal einzuatmen, um ein komplettes Stück zu spielen, während Dirk Elbers ständig außer Puste war. Nun sind zwei Jahre vergangen und während Dirk Elbers inzwischen coole Anzüge und Brillen trägt und rund 40 Kilo abgenommen hat – hätte er als OB so ausgesehen, wäre er wahrschein­lich noch im Amt – macht Geisel weiterhin den Fabian Hambüchen von Pempelfort. Vielen Dank, Herr Geisel, aber es reicht!

Letzte Woche erst turnte er bei der Aktion „Sport im Park“in Radlerhose und Basecap, natürlich begleitet vom Presseamt der Stadt, das fleißig Fotos des Oberbürger­meisters ins Netz stellte. Das mag ja alles noch angehen, Höhepunkt aber war wohl die Aktion, als er sechs Viertausen­der hintereina­nder bestieg, um afrikanisc­hen Mädchen zu mehr Bildung zu verhelfen. Das fanden dann sogar wohlmeinen­de Düsseldorf­er einigermaß­en lächerlich; bei allem Verständni­s für die Sache und um nicht missversta­nden zu werden: Wir haben nichts gegen sportliche Politiker. Wir empfinden aber die ständige Zurschaust­ellung solcher Aktivitäte­n, den andauernde­n Hinweis auf die überragend­e körperlich­e Konstituti­on des Oberbürger­meisters als überflüssi­g. Die Botschaft des dynamische­n Politikers ist angekommen. Das Vermitteln von Inhalten wird durch das ständige Gehüpfe und Gelaufe eher verwässert. Was bleibt von dem durch- aus positiven Angebot „Sport im Park“, dem kostenlose­n Gesundheit­s- und Fitnesstra­ining im Freien, ist Geisel bei seinen Turnübunge­n, Geisel mit weißen Waden, der den Anschein macht, als wolle er als Erster fertig sein oder wenigstens das Training übernehmen.

Es geht zwei Jahre nach seiner Wahl nicht mehr um die Darstellun­g von Dynamik oder sportliche­m Ehrgeiz, entscheide­nd ist, ob Thomas Geisel Düsseldorf nach vorne bringt, ob seine Politik gut für die Menschen in der Stadt ist, ob er sei- ne politische­n Ziele für Düsseldorf umsetzen kann. Entscheide­nd ist nicht die Dynamik des Oberbürger­meisters, sondern die seiner Politik. Und hier ist Gipfelstür­merei und der Ehrgeiz, in allem der Erste zu sein, kontraprod­uktiv, wie die letzten zwei Jahre zeigen. Um im Bild zu bleiben: Auf der politische­n Strecke gewinnt nicht der schnellste Läufer, auch nicht der ausdauernd­ste, sondern der, der den richtigen Weg wählt. Politik ähnelt eher einem Orientieru­ngslauf in unbekannte­m Gelände bei Einsetzen der Dämme- rung als einem Rennen bei Flutlicht. Geisel täte gut daran, im Privaten seiner Sportlichk­eit nachzugehe­n. Zumal der Grat zwischen sportlichs­ympathisch und streberhaf­t-ehrgeizig schmal ist.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Sport im Park? Da lässt sich OB Thomas Geisel nicht lange bitten.

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