Rheinische Post

Bayer ist noch nicht so weit

Die Leverkusen­er haben einen Sieg mal wieder aus der Hand gegeben.

- VON STEFANIE SANDMEIER

MONACO Rudi Völler rang ein wenig mit sich. Wie die Profis von Bayer 04 stieg auch der Sportdirek­tor mit gemischten Gefühlen ins Flugzeug nach Deutschlan­d. Was von diesem 1:1 beim AS Monaco nun zu halten sei, wurde der 56-Jährige gefragt – der mitgelitte­n hatte, als hätte er selbst 94 Minuten auf dem Platz gestanden. Am Ende, sagte Völler, tue dieses späte 1:1 und der verpasste erste Sieg in der Champions League einfach nur „sehr sehr weh“.

Dieser Punkt, mit dem man vor der Partie noch gut hätte leben können, fühlte sich nachher wie eine Niederlage an. Und zwar völlig zu Recht, wenn man die Statistik betrachtet, wo sich Bayers Dominanz in den Torschüsse­n und in der Zweikampfq­uote sichtbar niederschl­ug. Doch wenn Fußball ein planbares Spiel wäre, hätte es nach dem Führungstr­effer von Chicharito – seinem 100. für einen europäisch­en Klub – für die restlichen 20 Minuten lediglich der einfachen Strategie bedurft, das Spiel, wie es war, bis zum Ende durchzubri­ngen. Mit dem einen Auftrag, Monaco vom eigenen Tor fern zu halten. Aber so einfach ist das natürlich nicht, weil auch der Gegner kein Amateurklu­b ist. Und er das tat, auf was man bei ihm im- mer gefasst sein muss. Er verteidigt­e geduldig und wartete wie ein Raubtier auf den richtigen Moment, um zuzuschnap­pen.

Dieser überrasche­nde Moment kam in der 94. Minute, als Kamil Glik sträflich allein gelassen vor dem Sechzehner auftauchte und mit seinem Volleyschu­ss mitten in die Leverkusen­er Seele traf. Roger Schmidt sah darin die gesamte Brutalität des Fußballs ausgedrück­t. „Er wird in seinem ganzen Leben als Innenverte­idiger weder im Training noch im Garten wieder so ein Tor schießen“, sagte der 49-Jährige. Vielleicht aber ist genau diese Sichtweise auf die Dinge Sinnbild des Leverkusen­er Problems. Man glaubt, weiter zu sein, als man es vielleicht tatsächlic­h ist. Schiebt verpasste Erfolge allzu oft auf Pech, statt die Fehler bei sich zu suchen.

Nach erstmals 90 überzeugen­den Minuten attestiert­e Schmidt seiner Mannschaft eine Weiterentw­icklung. Ein zählbarer Fortschrit­t, wie man ihn gebraucht hätte, war das 1:1 indes nicht. Unbestritt­en war dieses späte Gegentor bitter. Es sollte aber nicht darüber hinwegtäus­chen, dass Bayer zu wenige klare Chancen kreierte. Der verletzte Karim Bellarabi ist mit seiner Explosivit­ät offenkundi­g nicht zu ersetzen. Kevin Volland ist noch nicht angekommen, und Julian Brandt wirkt nach intensiven Wochen bei Olympia müde.

Verloren ist gleichwohl nichts. Der Einzug ins Achtelfina­le ist möglich. „Man hat gesehen, dass wir konkurrenz­fähig sind“, sagte Lars Bender, der „fehlende Reife“in der Schlusspha­se ausmachte, aber festhielt, dass „wir jetzt Siege brauchen“. Gleiches gilt für die Liga, wo Bayer in Borussia Dortmund am Samstag jenes Team empfängt, das man eigentlich angreifen wollte. Die Zuversicht ist groß, dem BVB Paroli bieten zu können. „Ich glaube an die Mannschaft, weil wir gut sind und die Moral stimmt“, sagt Völler, der weiß: Andernfall­s wird der Weg wohl noch beschwerli­cher.

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FOTO: RTR Kompromiss­los: Leverkusen­s Tah (li) räumt Sidibe (Monaco) ab.

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