Der lustigste Doktorfisch der Welt
„Findet Dorie“ist ein großes Vergnügen. Im Mittelpunkt steht der vergessliche Fisch aus dem Kinoerfolg „Findet Nemo“.
Da schwimmt sie wieder, mal ein bisschen hierhin und mal ein bisschen dahin. Und sagt es wieder, als wäre es gestern gewesen und nicht 13 Jahre her, „Haa-lloo, ich bin Dorie“. So oft. Trotzdem hört man es immer noch gern. Jedes Mal.
Als 2003 Pixars „Findet Nemo“die Kinos flutete, gab es viel, das klasse war an dem Film. Die leuchtenden Farben, die brillant animierten Meerlandschaften. Die berührende Lost-and-Found-Geschichte des kleinen Clownfischs Nemo, dessen Vater Marlin ihn quer durch einen riesigen Ozean suchen musste, all res Beckens und ein Beluga mit Echolot-Trauma erweitern die Clique, sprengen aber den Rahmen nicht.
Währenddessen erfährt man so einiges über Dorie, das man sich damals gar nicht gefragt hatte, jetzt aber trotzdem gern wissen will. Wo sie ihr Happy-Go-Lucky-Liedchen vom „Einfach schwimmen“zum Beispiel gelernt hat oder wer ihr die Erklärung „Ich leide an Gedächtnisschwund“so einprägen konnte, dass sie hängenblieb. Eine Reihe Rückblenden in Dories Kindheit ist herzzerreißend traurig, die Gegenwart aber so witzig, dass das bunte Durcheinander im Drehbuch meist nicht auffällt. Eine oder zwei Abteilungen des Meeresinstituts, die Dorie auf der Suche nach den Eltern durchquert, wären vielleicht nicht nötig gewesen, das Actionfinale in einem mit Aquarien gefüllten Truck schießt sogar ordentlich übers Ziel hinaus. Aber zwischendurch gibt es immer ein paar schön eingearbeitete Lehrstunden über Tier- und Umweltschutz. So zeigt ein besonders beeindruckendes, aus der Perspektive der Fische gefilmtes Katastrophenszenario im Streichelbecken, was solche Attraktionen für die Tiere eigentlich bedeuten: puren Terror unter gigantischen, herabsausenden Kinderfäusten.
Die deutschen Synchronstimmen stehen wie in Teil eins den amerikanischen Sprechern Ellen DeGeneres, Albert Brooks und Ed O’Neill in nichts nach. Christian Tramitz hat als Marlin wieder diesen wunderbar gestressten Unterton, und eine Anke Engelke in Hochform darf diesmal noch viel mehr Walisch sprechen.
Seit Jahren hat Pixar die Nase so weit vorn im Trickfilmbusiness, weil der Mainstream-Konzern so oft den Mut zu originellen Geschichten aufbringt, wie in „Toy Story“und „Alles steht Kopf“, oder gar zu wirklich abseitigen wie in „Oben!“und „WallE“. Regisseur Andrew Stanton spricht davon, wie ihn die ständige Suche nach einer guten Story schließlich zu Dorie zurückführte, einer „Lieblingsfigur“aus seiner Vergangenheit. Stanton beschreibt auch Dories Problematik – die Tatsache, dass eine Hauptfigur ohne Gedächtnis sich nicht so entwickeln kann, wie ein Filmheld das eigentlich soll. Sie aber bleibt auch so spannend, möglicherweise weil ihre Art von Freiheit ein bisschen nei- disch macht, diese reine Freude daran, dass alles immer wieder neu ist.
Vielleicht würde gern jeder ein bisschen Dorie in sich finden: Wer die wichtigen Dinge einfach weiß, der kann alles andere ruhig vergessen. Bewertung: