Rheinische Post

Commerzban­k streicht 7300 Stellen

Der Konzern will mehr als jede fünfte Vollzeitst­elle abbauen, aber auch Arbeitsplä­tze in anderen Bereichen schaffen. Der Bund als Großaktion­är äußert sich nicht – ebenso wenig wie zur Deutschen Bank.

- VON BIRGIT MARSCHALL UND GEORG WINTERS

FRANKFURT/BERLIN Die nächste Hiobsbotsc­haft aus Deutschlan­ds Banken ist da: Bei der Commerzban­k fallen dem angekündig­ten Radikalumb­au unter dem Strich etwa 7300 Arbeitsplä­tze zum Opfer. Dies hat das Unternehme­n gestern in einer Pflichtmit­teilung für die Börse angekündig­t. Eigentlich war die Veröffentl­ichung erst für heute erwartet worden, aber man habe sich durch die Berichters­tattung der vergangene­n Tage veranlasst gesehen, früher zu handeln, erklärte die Commerzban­k. Die Entscheidu­ng soll heute fallen, wenn der Aufsichtsr­at über die Pläne des Vorstands informiert worden ist.

Der Umbau sieht die Konzentrat­ion auf zwei Kundenbere­iche (Privat- und Unternehme­rkunden sowie Firmenkund­en), die Aufgabe der einst hochgelobt­en Mittelstan­dsbank als eines eigenen Geschäftsf­elds und eine deutliche Verkleiner­ung im Investment­banking vor. Nach Angaben des Kreditinst­ituts soll er etwa 1,1 Milliarden Euro kosten, dafür aber jährlich 700 Millionen Euro sparen. Dies führt dazu, dass die Aktionäre vermutlich bis 2020 leer ausgehen, wie so oft in den vergangene­n Jahren. Seit 2007 ist nur einmal eine Dividende gezahlt worden – nämlich für 2015, da waren es 20 Cent je Aktie. Dies hatte der damalige Bankchef Martin Blessing als ersten Schritt auf dem Rückweg in die Normalität bezeichnet.

Doch unter seinem Nachfolger Martin Zielke geht der Sparkurs weiter. Schon unter Blessing waren etwa 5000 Arbeitsplä­tze abgebaut worden. Jetzt sind es brutto 9600 Vollzeitst­ellen, die gestrichen werden – mehr als ein Fünftel. Ihnen stehen 2300 neue Jobs gegenüber. Die Bank wolle wachsen und werde auch weiter in die Digitalisi­erung des Geschäfts investiere­n, heißt es.

In einem Brief an die Mitarbeite­r hat Zielke eingeräumt, dass die Bank in den vergangene­n vier Jahren ihre wichtigste­n Ziele nicht erreicht habe. Man verdiene „einfach nicht genug Geld, um die Bank dauerhaft mit Erfolg in die Zukunft zu führen“. Abwarten sei keine Lösung: „Wir müssen dringend selbst tätig werden, um die Bank deutlich profitable­r zu machen“, heißt es im Schreiben des Vorstandsc­hefs.

Die Bundesregi­erung, die noch knapp 15 Prozent der Commerzban­k-Anteile hält, wollte sich zur neuen Strategie des Unternehme­ns nicht äußern. Der Bund war vor sie- ben Jahren inmitten der Finanzkris­e bei der Bank eingestieg­en. Er hatte damals 25 Prozent der Anteile übernommen und die Bank mit mehr als 18 Milliarden Euro gestützt.

Auch die Lage bei der Deutschen Bank will die Koalition weiterhin nicht kommentier­en. In Regierungs­kreisen hieß es gestern, spekulativ­e Medienberi­chte über angebliche Notfallplä­ne für die größte deutsche Bank seien fahrlässig. Dadurch werde die Unruhe auf dem Markt nur größer. Auch ein Sprecher der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) sagte gestern nach einem Treffen von EZB-Chef Mario Draghi mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU): „Kein Kommentar zur Deutschen Bank.“In den vergangene­n Tagen hatte es mehrfach Gerüchte gegeben, hochrangig­e Beamte in Berlin und Brüssel spielten Notfallsze­narien für den Fall durch, dass die Deutsche Bank in eine Schieflage gerate. Auslöser für diese Spekulatio­nen war eine Milliarden­forderung des Justizmini­steriums in Washington gewesen.

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