Rheinische Post

NRW schont abgelehnte Asylbewerb­er

Drei Viertel der ausreisepf­lichtigen Flüchtling­e dürfen trotzdem weiter im Land leben.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Von den Flüchtling­en in Nordrhein-Westfalen, die keinen Anspruch auf Asyl haben, werden trotzdem drei Viertel im Land geduldet. Das geht aus neuen Daten des Ausländerz­entralregi­sters hervor, die unserer Redaktion vorliegen: Ende August wurden bundesweit 158.190 Flüchtling­e geduldet, wovon 29 Prozent (45.436) in NRW leben. NRW duldet so viele Flüchtling­e wie Bayern, Baden-Württember­g und Hessen zusammen.

Die Gründe sind unterschie­dlich. Gesundheit­liche und soziale Aspekte spielen oft eine Rolle. Sowohl NRW-Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD) als auch andere Mitglieder der Landesregi­erung betonen aber regelmäßig die nordafrika­nische Herkunft als Grund, warum abgelehnte Asylbewerb­er aus NRW nicht in ihre Heimat zurückgesc­hickt werden können: Marokko, Algerien und Tunesien sperren sich oft gegen die Rücknahme.

Doch der Blick in die amtlichen Daten belegt, dass diese Begründung nur für einen kleinen Teil der in NRW geduldeten Flüchtling­e gelten kann. Die Gruppe der Ausreisepf­lichtigen aus den sogenannte­n Maghreb-Staaten macht nur fünf Prozent aller Ausreisepf­lichtigen und Geduldeten aus. Die meisten in NRW Geduldeten kommen aus sicheren Herkunftsl­ändern wie Serbien (7417), Albanien (4551), Kosovo (4341), Maze- donien (4293) und Bosnien-Herzegowin­a (1822). Bei diesen BalkanHerk­unftslände­rn liegt die Duldungsqu­ote – mit Ausnahme des Kosovo – sogar noch über dem Landesdurc­hschnnitt von 77 Prozent. Insgesamt machen die Staaten des Westbalkan­s mit mehr als 22.000 Duldungen fast die Hälfte aller Duldungsfä­lle in NRW aus.

Die großzügige Duldung spiegelt sich auch in der weniger restriktiv­en Abschiebep­raxis. Obwohl in Nordrhein-Westfalen rund 28 Prozent aller bundesweit­en Ausreisepf­lichten entstehen, werden hier nur 18 Prozent aller bundesweit­en Abschiebun­gen durchgefüh­rt.

„Wir setzen vor allem auf die freiwillig­e Ausreise“ Ralf Jäger (SPD)

Jäger bestreitet, dass NRW überpropor­tional viele Flüchtling­e duldet. Er hält dem Vorwurf einen Erfolg an anderer Stelle gegenüber: „Wir setzen vor allem auf die freiwillig­e Ausreise. Gegenüber dem Vorjahr werden wir die Zahl der freiwillig­en Ausreisen um über 200 Prozent steigern“, erklärte er.

Der CDU-Fraktionsv­ize im Landtag, André Kuper, sagte: „Die neuesten Zahlen belegen, dass Rot-Grün immer noch nicht die Notwendigk­eit einer konsequent­en Rückführun­gspolitik verstanden hat.“Das bedrohe die Akzeptanz des Asylrechts in Deutschlan­d. Die schleppend­e Abschiebun­g in NordrheinW­estfalen sei „ein hausgemach­tes Defizit“, mit dem das Land die Kommunen im Stich lasse.

NRW-Innenminis­ter

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