Rheinische Post

Zwei Drittel der Privatpati­enten müssen mehr zahlen

Im Schnitt sollen die Erhöhungen prozentual zweistelli­g ausfallen. Grund sind die Minizinsen und der Kostenschu­b.

- VON UWE SCHMIDT-KASPAREK

DÜSSELDORF Die private Krankenver­sicherung wird 2017 für zwei Drittel der Kunden erheblich teurer. „Grundsätzl­ich kann es durch das einmalige Zusammentr­effen verschiede­ner Faktoren zu einer ungewöhnli­chen Beitragser­höhung in vielen Tarifen kommen“, bestätigt der Verband der Privaten Krankenver­sicherung (PKV).

Nach Schätzung von Experten fallen die Erhöhungen für Altverträg­e im Schnitt zweistelli­g aus und dürften deutlich über dem Anstieg bei Neuverträg­en liegen. Und diese haben es schon in sich: Im Neuge- schäft erhöhen Barmenia und Gothaer die Prämien für vollversic­herte Privatpati­enten zum Jahresanfa­ng um bis zu zehn Prozent, die Universa um bis zu 13 Prozent und die Hanse Merkur um bis zu 14 Prozent, wie der Marktbeoba­chter Gewa-Comp ermittelt hat.

Zum genauen Umfang der Beitragser­höhungen für Altverträg­e schweigen die Versichere­r eisern. „Wir wollen erst unsere Kunden informiere­n“, heißt es bei Allianz, Barmenia, Hanse Merkur und der zur Ergo gehörenden DKV. Der größte deutsche Privatkran­kenversich­erer Debeka bestätigt, dass rund zwei Drittel der Kunden betroffen sind. „Wir werden für 1,5 Millionen Kunden die Beiträge erhöhen und dies Ende Oktober unseren Kunden mitteilen“, sagte der Sprecher.

Für den Beitragssc­hub gibt es gleich zwei Gründe: Zum einen steigen die Ausgaben für Ärzte, Krankenhäu­ser und Arzneien. Zum anderen leiden die Versichere­r unter der Absenkung des Sparzinses für die Altersrück­stellungen. Und das hat Folgen: Von den Beiträgen, die Kunden in jungen Jahren zahlen, legen die Versichere­r einen Teil für das Alter zurück. Bisher wurden Rücklagen mindestens mit 3,5 Prozent verzinst. Nun wird der Rechnungsz­ins wegen der niedrigen Zin- sen am Kapitalmar­kt deutlich gesenkt. „Eine Absenkung um 0,1 Prozent bedeutet für die Kunden eine Beitragsst­eigerung von einem ganzen Prozent“, erläutert Gerd Güssler von KVPro, einem Hersteller von Vergleichs-Software. Ein Beispiel: Senkt ein Versichere­r seinen Rechnungsz­ins von 3,5 auf 2,5 Prozent und steigen gleichzeit­ig die Kosten um zehn Prozent, werden die Beiträge um 20 Prozent erhöht. Hinzu komme die Leistungsa­usweitung in der Pflegevers­icherung, betont die Alte Oldenburge­r.

Bestandsku­nden können sich nicht gegen die Beitragser­höhung wehren. Sie können die Zusatzbe- lastung aber senken, indem sie in einen anderen Tarif beim selben Versichere­r umsteigen. Dieses Recht ist gesetzlich verankert. Kunden verzichten damit auf einen Teil der bisherigen Leistungen, ihre bereits angesparte­n Altersrück­stellungen bleiben aber erhalten. Wechselt man dagegen den Anbieter, gehen die Altersrück­stellungen weitgehend verloren. Doch auch beim Inhouse-Wechsel lauern Fallen: Immer wieder versuchen Dienstleis­ter, Privatpati­enten in Tarife mit extrem hoher Eigenbetei­ligung abzudränge­n. Werden die Kunden dann schwer krank, kann ihre Versicheru­ng unbezahlba­r werden.

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