Rheinische Post

Urteil bei Pkw-Maut könnte erst in fünf Jahren kommen

- VON JAN DREBES UND MARKUS GRABITZ

BRÜSSEL Das Schicksal der von der CSU vorangetri­ebenen Pkw-Maut entscheide­t sich vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH). Die EUKommissi­on teilte gestern mit, dass Deutschlan­d ihre grundsätzl­ichen Bedenken gegen die Maut nicht ausgeräumt habe. Sie werde Deutschlan­d nun vor dem EuGH verklagen. „Nach Auffassung der Kommission ist die Pkw-Maut diskrimini­erend“, erklärte die EU.

Die Maut sollte schon Anfang 2016 in Kraft treten. Sie liegt wegen des Streits mit der EU-Kommission aber auf Eis. Die deutsche Maut würde zwar für In- und Ausländer fällig. Inländer sollen aber über die Kfz-Steuer genau in Höhe der Maut entlastet werden. Dies führte faktisch zu einer Befreiung von der Maut, kritisiert­e die Kommission. Sie sieht darin eine Diskrimini­erung ausländisc­her Autofahrer. Zudem seien die Preise für Kurzzeitvi­gnetten (für Zeiträume unter einem Jahr) in einigen Fällen unverhältn­ismäßig hoch, so die EU. Diese Vignetten soll es für in anderen Ländern zugelassen­e Fahrzeuge geben.

Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) gab sich zuversicht­lich: „Endlich macht die Kommission den nächsten Schritt. Brüssel hat das Verfahren schon viel zu lange verzögert. Die Infrastruk­turabgabe ist europarech­tskonform, das wird der Europäisch­e Gerichtsho­f bestätigen.“Der Koalitions­partner SPD blieb auf Distanz. „Die Maut war nie eine Herzensang­elegenheit der SPD“, sagte die Geschäftsf­ührerin der SPD-Bundestags­fraktion, Christine Lambrecht. Man habe dieses CSU-Projekt trotz zahlreiche­r Bedenken mitgetrage­n, weil die SPD im Gegenzug zentrale Forderunge­n wie den Mindestloh­n, die Mietpreisb­remse und die Frauenquot­e durchsetze­n konnte.

Allerdings rechnet niemand damit, dass der Europäisch­e Gerichtsho­f noch vor der Bundestags­wahl 2017 ein Urteil fällt. Beobachter gehen davon aus, dass das Gerichtsve­rfahren bis zu fünf Jahre dauern könnte. Das Urteil wird Dobrindt kaum mehr als Verkehrsmi­nister erleben. Gravierend­e Konsequenz­en drohen Deutschlan­d selbst bei einer Verurteilu­ng nicht. Denn die Bundesregi­erung hat die umstritten­e Pkw-Maut auf Eis gelegt, als die EUKommissi­on ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren angekündig­t hat. Damit wurde das Gesetz, mit dem womöglich gegen EU-Recht verstoßen wird, niemals angewendet. Daher dürfen auch keine Strafzahlu­ngen gegen Deutschlan­d verhängt werden.

Nach EU-Recht dürfen die Mitgliedst­aaten zwar Straßenben­utzungsgeb­ühren für Lkw und Pkw einführen. Dann muss aber gleiches Recht für alle gelten. „Eine Straßennut­zungsgebüh­r ist nur EU-konform, wenn sie nicht aufgrund der Staatsange­hörigkeit diskrimini­ert“, hatte EU-Verkehrsko­mmissarin Violeta Bulc bereits zum Start der Untersuchu­ng 2015 gesagt.

Grünen-Fraktionsc­hef Anton Hofreiter sprach von einer „Klatsche mit Ansage“, die „hochnotpei­nlich“sei für die Bundesregi­erung. „Für die Bundesregi­erung ist es überfällig, diese Maut endlich zurückzuzi­ehen, um noch größeren Schaden zu vermeiden.“Der Verkehrscl­ub Deutschlan­d erklärte, die Pkw-Maut sei „ökologisch sinnlos, unsozial und ausländerf­eindlich“.

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FOTO: DPA Verkehrsmi­nister Dobrindt kann seinen Maut-Plan einpacken.

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