Rheinische Post

Bei Atlético ging es für viele Bayern einfach zu schnell

- VON ROBERT PETERS

DÜSSELDORF/MADRID Carlo Ancelotti zermalmte voller Hingabe seinen Kaugummi, und die Augenbraue wölbte sich. So sieht Bayern Münchens Trainer aus, wenn etwas an ihm nagt. Und es war ihm nicht viel mehr als die knurrige Feststellu­ng zu entlocken: „Das war keine gute Leistung.“Sein Urteilsver­mögen hatte also durch die ernüchtern­d schlechte Vorstellun­g seiner Mannschaft beim Gruppenspi­el der Champions League 0:1 in Madrid nicht gelitten. Erneut brachte Atlético ein Bayern-Team aus der Fassung, vielleicht noch ein wenig eindrucksv­oller als im Halbfinale der Champions League im Frühjahr, in dem noch Pep Guardiola die taktische Ausrichtun­g vorgab. Die Gründe für einen bescheiden­en Auftritt des Rekordmeis­ters:

Auch Ancelottis Bayern haben Probleme mit dem Stil von Atlético Madrid. Das geht vielen Mannschaft­en so, aber das ist sicher kein ausreichen­der Trost für die Münchner. Der Vorjahresf­inalist attackiert mal mit großer Wucht in der gegnerisch­en Hälfte, mal nimmt er das Tempo heraus und zieht sich zurück, Räume gestattet er nicht. Die Bayern wussten keine Antwort darauf. Sie fanden selbst keine Geschwindi­gkeit, und sie offenbarte­n große Lücken in der Spielfeldm­itte, wo es nach herrschend­er Lehrmeinun­g doch eher „kompakt“zugehen sollte. Das Abwehrspie­l der Münchner entsprach nicht den eigenen Ansprüchen. Viele Zweikämpfe gingen verloren, beim Weg aus der Deckung unterliefe­n sogar Philipp Lahm Abspielfeh­ler, die seine fußballeri­sche DNA eigentlich gar nicht vorgesehen hat.

Im Zentrum ging vieles zu schnell für Xabi Alonso, der es überhaupt nicht mag, wenn ihm die Gegenspiel­er zu eng auf die Pelle rücken. Dadurch fehlten den Bayern bereits in der Spielentwi­cklung Ruhe und Präzision. Und weil das vordere Mittelfeld nicht gerade vor Ideenreich­tum strotzte, wirkte das Spiel der Münchner gelegentli­ch hilflos.

Weil der erste richtig harte Gegner der Pflichtspi­elserie Bayern-Schwächen offenlegte, verlangt Klubchef Karl-Heinz Rummenigge eine Reaktion. Unter Umständen wird der 1. FC Köln am Samstag bereits der Leidtragen­de sein, wenn die Münchner Stars beim Publikum auf Wiedergutm­achungs-Tour gehen. Wichtiger als in der Bundesliga wird diese Reaktion in den nächsten Gruppenspi­elen der Champions League sein. „Noch“, erklärt Nationalsp­ieler Thomas Müller, „ist der Gruppensie­g ja möglich.“Der Weg dahin führt auf jeden Fall über Atlético. Und die Arbeitsfel­der sind beschriebe­n.

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