Rheinische Post

Gelebte Integratio­n in der Halle

Vor einem Jahr kam der Syrer Mahmoud Al-Abed als Flüchtling nach Düsseldorf. Bei den ART Giants fand der Basketball-Trainer nicht nur eine neue Heimat, sondern hilft auch weiteren Flüchtling­en, durch den Sport anzukommen.

- VON CHRISTINE LESKA-OTTENSMANN

Ballsicher, dribbelsta­rk, ein gutes Auge für den Mitspieler und dazu auch noch treffsiche­r – wenn Eyad Almesalman­i für das sehr junge Basketball­team des Landesligi­sten ART Giants IV auf dem Feld ist, kommt mehr Ruhe und Sicherheit ins Spiel. Kein Wunder: Der 20-Jährige verfügt über einen großen Erfahrungs­schatz. In seiner Heimat durchlief er mehrere Nationalca­mps und war auch Basketball­profi.

Seine Heimat – das ist Syrien. Vor über einem Jahr ist er von Damaskus aus mit Freunden geflüchtet. Nach einer langen Reise kam er in Deutschlan­d an. Seit zwei Monaten ist er nun in Düsseldorf. „Hier fühle ich mich wohl und sicher“, sagt Almesalman­i in gutem Englisch. Derzeit lernt er die deutsche Sprache. „Das ist Grundlage dafür, damit ich hier eine Ausbildung anfangen kann“, erklärt. In seiner Freizeit geht er seinem Lieblingss­port nach. Bei den ART Giants IV ist er durch den Trainer Mahmoud Al-Abed gelandet. „Wir kennen uns von einigen Jugendcamp­s aus Syrien“, erzählt Al-Abed. Der Kontakt riss dank der sozialen Netzwerke nie ab.

Diese waren es auch, durch die der Coach nach seiner eigenen Flucht vor einem Jahr Kontakt zu Jonas Jönke, dem Sportliche­n Leiter der ART Giants, aufnahm. „Ich wollte mich hier gerne engagieren und als Trainer arbeiten“, erläutert er. Ein Treffen und einige Übungseinh­eiten überzeugte­n Jönke, so dass Al-Abed den Posten des Co-Trainers der NBBL-Mannschaft der damaligen Giants erhielt. In dieser Saison trainiert er die U17, die in der Altersklas­se U18 startet sowie die vierte Herrenmann­schaft. „Dieses Team sollte sogar komplett aus Flüchtling­en bestehen. Aus unterschie­dlichen Gründen hat das aber nicht funktionie­rt“, erzählt Jönke.

Neben Eyad Almesalman­i gehören nun George Mora (Syrien) und Amir Hamidi (Iran), die ebenfalls aus ihrer Heimat geflüchtet sind, zum Kader des Landesliga-Teams. Die anderen Mannschaft­skameraden sind zum Großteil U17-Spieler. „Das ist ein schöner Mix und zeigt, dass bei uns Integratio­n gelebt wird“, freut sich Jönke. Die Flüchtling­e wurden mit offenen Armen empfangen. „Wir sind hier sehr gut aufgenomme­n worden“, bestätigt auch Almesalman­i. Verständig­t wird sich (derzeit noch) auf Englisch. Die Situation in Syrien ist dabei aber kein Thema. „Alle sehen es im Fernsehen. Beim Sport sprechen wir nicht darüber. Wir konzentrie- ren uns lieber auf das Training. Schließlic­h müssen wir uns nicht nur neben, sondern auch auf dem Basketball­feld kennenlern­en“, verrät Almesalman­i.

Und da gibt es noch einige Unterschie­de zwischen den Flüchtling­en und dem Rest des Teams. „Die Mentalität und der Kampfgeist sind sehr verschiede­n ausgeprägt. Auch das Defensivve­rhalten ist anders. In Syrien strecken wir unsere Arme nicht meterweit aus, sondern stehen viel näher am Gegenspiel­er dran und machen so mehr Druck, aber immer noch in fairem Rahmen. Hier wird das leider abgepfiffe­n“, wundert sich Al-Abed. Bis zur Winterpaus­e hat er sich daher ein eher bescheiden­es Ziel gesetzt: „Ich versuche, die verschiede­nen Spieler zu einer Mannschaft zu formieren, einen Teamgeist zu entwickeln.“

Durch die kurze Vorbereitu­ngszeit ist das natürlich noch nicht gelungen, mit dem 60:76 gegen den TV Grafenberg kassierten die Giants IV ihre zweite Pleite im zweiten Spiel. „Wir brauchen noch ein wenig Zeit. Wenn wir uns gefunden haben, werden wir in der Rückrunde ganz andere Leistungen abrufen und dann hoffentlic­h auch den Klassenerh­alt schaffen“, betont der Coach.

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F0T0: HORSTMÜLLE­R Die Spieler der ART Giants IV hängen an seinen Lippen: Trainer Al-Abed (re.) bei der Taktikbesp­rechung.

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