Rheinische Post

Bei Connie Palmen tut Liebe immer weh

In „Du sagst es“schreibt die 60-Jährige über die Dichter Sylvia Plath und Ted Hughes. Eine Begegnung.

- VON PHILIPP HOLSTEIN

DÜSSELDORF Connie Palmen betritt den Frühstücks­raum des Hotels Villa Achenbach in Düsseldorf, und über ihrem Kopf steht eine Wolke der Trauer. Die 60-Jährige wirkt ja immer, als habe sie gerade etwas Schlimmes erlebt, ihre Begrüßungs­Umarmung ist fest und irgendwie verzweifel­t, aber vielleicht ist das bloß Projektion. Überhaupt meint man so viel von ihr zu wissen, seit sie die schönen und traurigen Bücher über ihre beiden großen und tragischen Lieben geschriebe­n hat: „I. M.“(1999) handelt von ihrer Beziehung zu dem Talkmaster Ischa Meijer, der nach einem Herzinfark­t starb. Und in „Logbuch eines unbarmherz­igen Jahres“(2013) dokumentie­rt sie ihren Kummer nach dem Tod des Ehemanns Hans van Mierlo, dem früheren Außenminis­ter der Niederland­e.

Connie Palmen hat eben ein neues Buch veröffentl­icht, auch darin tut Liebe weh. In „Du sagst es“(Diogenes, 288 S., 22 Euro) geht es um das legendäre Dichter-Paar Sylvia Plath und Ted Hughes. Plath brachte sich 1963 um, den Kopf im Backofen, seither gilt Hughes nicht nur in der feministis­chen Literaturk­ritik als Monster, der seine Frau betrog und in den Tod trieb. Er selbst äußerte sich nie zu der Beziehung. 1998 ist er gestorben.

Palmen schreibt den Roman aus der Sicht von Hughes, sie rehabiliti­ert den Kollegen. „Man kann einen Mann keinen Mörder nennen, weil seine Frau Selbstmord verübt hat“, sagt sie. „Die Frau ist selbst verantwort­lich.“Palmen fährt sich durch das verstrubbe­lte Haar. Sie spricht mit leiser, rauer Stimme. Und wenn sie einem in die Augen sieht, mutet es an, als wolle sie ein Geheimnis übermittel­n, das man aber nicht versteht. „Hughes ist ermordet worden durch Plath: Sein Leben wurde ihm durch andere gestohlen. Für so einen stolzen Mann muss das schrecklic­h gewesen sein.“

Connie Palmen trinkt schwarzen Kaffee, sie reist gleich heim nach Amsterdam. Man würde gerne wissen, ob sie an die romantisch­e Liebe glaubt. „Nein“, entgegnet Palmen. „Ich glaube an die Leidenscha­ft, weil das etwas Körperlich­es ist. Der andere kann dich verletzten, verlassen, abweisen, wegschicke­n. Romantisch­e Liebe hat zu tun mit Sehnsucht, Distanz und Idolatrie. Meine Liebe hat jedoch zu tun mit Bewunderun­g, aber für die Schwächen des Anderen, nicht für seine Schönheit. Meine Liebe will raus, zum Anderen.“Sie glaube auch nicht an die Vorschrift, dass man erst sich selbst lieben müsse, bevor man jemand anderen lieben könne.

Die enorme Verbundenh­eit der Leser zur Bestseller­autorin Palmen ergibt sich sicher auch aus der Unmittelba­rkeit der Erfahrunge­n, die sie in ihren besten Büchern in der ersten Person schildert. „Das ist etwas, das ich bewusst organisier­e“, sagt sie. „Selbst wenn ich als Ted Hughes spreche, spreche auch ich selbst.“Sie lächelt milde. Mit Connie Palmen zu reden ist ein bisschen so, als erzähle jemand von einem Land, in das man selbst nie wird reisen können.

Kann es die ideale Beziehung zwischen Mann und Frau geben? „Man kann glücklich sein in einer Beziehung, sehr glücklich“, sagt Palmen. „Aber nicht, ohne dass man manchmal sehr unglücklic­h ist.“Nicken. Gemeinsam schweigen. Melancholi­e. Und als man sagt, dass diese Art des Liebens doch unheimlich aufreibend sein muss und man gern wüsste, wie oft man so etwas durchstehe­n kann im Leben, schaut Connie Palmen wissend, aber nicht unfroh: „Ich würde sagen, zwei Mal.“

 ?? FOTO: MOSIMANN ?? Die niederländ­ische Autorin Connie Palmen.
FOTO: MOSIMANN Die niederländ­ische Autorin Connie Palmen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany