Rheinische Post

Trumps Tabubruch

Der republikan­ische Präsidents­chaftskand­idat will das US-Wahlergebn­is im Falle einer Niederlage nicht anerkennen. Er wittert Betrug.

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Es dauert eine Stunde, bis Donald Trump die Brücken sprengt, die ihm der Moderator baut. Ob er sich ein Beispiel an seinem Vize Mike Pence und seiner Tochter Ivanka nehmen und sich dazu bekennen wolle, dass er das Wahlergebn­is ohne Einschränk­ungen akzeptiere, fragt Chris Wallace, der wohl seriöseste Journalist des oft prägnant parteiisch­en konservati­ven Senders Fox News. „Ich werde es mir anschauen, wenn es so weit ist“, erwidert Trump.

Was er bisher gesehen habe, sei schlimm, poltert er. Insbesonde­re die Medien seien derart unaufrich- tig, derart korrupt, sie hätten die Hirne der Wähler vergiftet. „Aber mein Herr“, hakt Wallace nach, „zu den Dingen, auf die dieses Land stolz ist, gehört die friedliche Übergabe der Macht.“Egal wie hart es im Wahlkampf zur Sache gehe, am Ende gratuliere der Verlierer dem Sieger. Ob Trump etwa sagen wolle, dass er sich diesem Prinzip nicht verpflicht­et fühle. „Ich sage es Ihnen, wenn es so weit ist“, wiederholt der Bauunterne­hmer. „Ich lasse es in der Schwebe für euch, okay“, fügt er hinzu. „Das ist ja entsetzlic­h“, schiebt Hillary Clinton ein, wohl schon ahnend, dass auch das dritte und letzte TV-Duell mit ihrem Opponenten für sie gelaufen ist.

Dass Trump vor großem Publikum die Komplott-Theorien aufwärmen würde, die er vor seinen Fans auf Wahlkampfb­ühnen streut, damit hatten die wenigsten gerechnet. Wieder spricht der Geschäftsm­ann, ohne jeden Beleg, von „Millionen von Leuten“, deren Namen in den Wahlregist­ern stünden, obwohl sie dort nichts zu suchen hätten. Gemeint sind offenbar illegale Einwandere­r, von denen er behauptet, dass sie das Votum zugunsten seiner Rivalin drehen.

Es ist der Moment, der alles in den Schatten stellt. Der, so orakeln deprimiert­e Republikan­er, ihren Kandidaten endgültig um alle Siegchance­n gebracht haben dürfte. Manch einer erinnert an das Lochkarten­drama des Jahres 2000, nur um deutlich zu machen, was die damaligen Rivalen, bei aller Härte der Auseinande­rsetzung, von einem Donald Trump trennt.

Das Rennen zwischen Al Gore und George W. Bush war so knapp, dass Florida zum Zünglein an der Waage wurde. Es ging um 387 Stimmen, mit denen Bush dort vor Gore führte. Als Zweifel aufkamen, ob die Lochkarten korrekt gestanzt wurden und den Wählerwill­en widerspieg­elten, übernahmen Anwälte beider Seiten das Zepter. 37 Tage dauerte das juristisch­e Tauziehen nach dem unentschie­denen Votum, bis der Oberste Gerichtsho­f mit fünf zu vier Stimmen urteilte, dass Bush gewonnen hatte. Worauf Gore in einer launigen Rede bemerkte, er habe versproche­n, die Gratulatio­n für den Sieger diesmal nicht, wie in der Wahlnacht, zu widerrufen. Dass der Unterlegen­e in bitterer Stunde zu Humor fähig war – bis heute gilt es nicht nur als Sternstund­e der Demokratie, sondern auch als Handlungsa­nleitung für ähnliche Fälle.

Und nun das Kontrastpr­ogramm namens Trump. Kellyanne Conway, die Kampagnenm­anagerin des Milliardär­s, bemühte sich auf ihre Weise um Schadensbe­grenzung. Donald Trump, sagte sie, werde das Wahlergebn­is akzeptiere­n, weil er die Wahl für sich entscheide­n werde.

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FOTO: REUTERS Donald Trump und Hillary Clinton vor ihrem letzten TV-Duell.

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