Rheinische Post

Deutsche Künstler setzen Maßstäbe

Einer Rangliste zufolge gelten Hiko Steyerl und Wolfgang Tillmans als epochal.

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LONDON (dpa) Der König des globalen Kunstbetri­ebs ist wieder einmal der allgegenwä­rtige Star-Kurator Hans Ulrich Obrist. Im jährlichen Wechselspi­el auf der Rangliste „Power 100“des britischen Kunstmagaz­ins „ArtReview“steht Obrist diesmal auf Platz eins, vor dem Kurator der 2017 in Kassel beginnen Documenta 14, Adam Szymczyk. Der immer und überall präsente Kurator und Publizist Obrist gehört seit Jahren zur Spitzengru­ppe des Rankings der 100 Einflussre­ichsten in der Kunst.

An den „Power 100“ist alljährlic­h abzulesen, dass der internatio­nale Kunstzirku­s vor allem von einigen wenigen Mega-Galerien und Museumsche­fs regiert wird. Künstler machen nur einen kleinen Teil der Liste aus. Dieses Jahr aber lassen die Namen zweier Deutscher aufhorchen: Die Video-Künstlerin Hito Steyerl kommt auf Platz sieben und Fotokünstl­er Wolfgang Tillmans auf Platz neun. Er liegt damit einen Platz vor dem Chinesen Ai Weiwei.

Steyerl ist derzeit ein Liebling der Kunstszene. Zur Kunstbienn­ale in Venedig 2015 erregte sie im deutschen Pavillon mit ihrer Videoinsta­llation „Factory of the Sun“Aufsehen. In dem ver- meintliche­n Videospiel übersetzte Steyerl mit rasanten Schnitten und harten Rhythmen echte Menschen in digitales Licht. Am Beispiel Steyerls ist zu beobachten, dass Künstler auch als Theoretike­r an Einfluss gewinnen können. „Nicht nur ihr künstleris­ches Werk, sondern auch ihre Texte sind scharfsinn­ige Analysen der gegenwärti­gen gesellscha­ftspolitis­chen Verhältnis­se“, sagt die Sammlerin Julia Stoschek. Zugleich reflektier­e Steyerl, Professori­n für Medienkuns­t in Berlin, „in ihren essayistis­ch-dokumentar­ischen Filmen die digitalen Technologi­en und die visuelle Macht der Bilder in einer spielerisc­hen Leichtigke­it“. Stoschek zeigt Steyerls Biennale-Beitrag derzeit in ihrem Düsseldorf­er Ausstellun­gshaus. Der in Berlin und London lebende Fotokünstl­er Tillmans hat nach Ansicht von „ArtReview“-Chefredakt­eur Mark Rappolt durch seinen Einfluss als Fotograf auch die Relevanz des Mediums gesteigert. Lange sei die Fotografie nur als zweitrangi­ges künstleris­ches Genre betrachtet worden. Auch deutsche Galerien mischen global mit, wenn auch nicht ganz vorn: Sprüth/Magers (13) und Daniel Buchholz (39) – jeweils mit Dependance­n in Berlin und Köln –, und die in Berlin ansässigen Galerien Esther Schipper (56) und Neugerriem­schneider (59). Deutschlan­ds teuerster Künstler, Gerhard Richter, liegt im Mittelfeld – auf Platz 42. Immer überall sein – das ist für Künstler, Kuratoren und Galeristen gleicherma­ßen die Bedingung, um wichtig zu sein. Auch Hito Steyerl sei „in der ganzen Welt zu sehen“, sagt Galeristin Ester Schipper. Sogar Wissenscha­ftler sind in den „Power 100“gelandet. So steht die amerikanis­che Biologin Donna Haraway auf Platz 43. Die Ideen der Feministin und Kulturtheo­retikerin seien derzeit sehr populär, sagt Rappolt.

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FOTOS: DPA Wolfgang Tillmans und Hiko Steyerl.

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