Rheinische Post

BND bekommt Lizenz zum Lauschen

Mit erweiterte­n und genaueren Regeln sowie einer verstärkte­n Kontrolle ordnet der Bundestag den Auslandsna­chrichtend­ienst neu.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN James Bond setzte noch auf seinen Charme, seine Walther PPK, auf Stunts und Explosione­n. Das Einschleus­en von Agenten gehört zwar auch heute noch zum Handwerkze­ug von Geheimdien­sten. Aber um Bedrohunge­n größten Ausmaßes von Deutschlan­d fernzuhalt­en, muss der BND dort sein, wo der Terror verabredet wird. Im Netz und am Telefon. Mit dem Anzapfen der Kommunikat­ion im Ausland gewinnt der Nachrichte­ndienst schneller Hinweise auf Attentate, als der Spion Ihrer Majestät brauchte, um einmal an seinem geschüttel­ten Martini zu nippen.

Und es gibt weitere große Unterschie­de zwischen der zuweilen schießwüti­gen Kino-Kultfigur und den wissbegier­igen deutschen Agenten. Bond hatte die Lizenz zum Töten, der BND nicht einmal klare Vorgaben für das Ausmaß des erlaubten Lauschens. Heraus kam das beim Versuch, die NSA-Affäre aufzukläre­n. Dabei ging es um die Frage, ob, welche und wie viele Suchwörter der BND auf Bitten des amerikanis­chen Geheimdien­stes NSA in seine Kommunikat­ionsüberwa­chung eingegeben hatte und ob dort auch Zielobjekt­e mit erfasst wurden, die nach dem Verständni­s der deutschen Politik für einen deutschen Auslandsdi­enst tabu zu sein haben.

Einen bemerkensw­erten Maßstab brachte Regierungs­chefin Angela Merkel selbst ein, als 2013 bekannt wurde, dass der US-Geheim- dienst auch ihr Handy belauscht hatte: „Abhören unter Freunden, das geht gar nicht.“Unter erfahrenen Nachrichte­ndienstler­n führte das zu einem Aufstöhnen. Das ging nämlich stets ganz gut und wurde auch gegenseiti­g durchaus unterstell­t. Muss man halt vorbeugen und abhörsiche­re Modelle benutzen. Dienstaufs­icht: Peter Altmaier (CDU) Bundeskanz­leramt

Die nun vom Bundestag mit großkoalit­ionärer Mehrheit beschlosse­ne Novelle des BND-Gesetzes versucht dem Dienst nun Rechtssich­erheit mit Regeln zu geben. Dabei gibt es eine Reihe von Weiterunge­n, die sowohl von der Opposition als auch von vielen Netzaktivi­sten vehement bekämpft werden und das Gesetz auf den Tisch des Bundesverf­assungsger­ichtes bringen werden. Vieles erscheint den Kritikern nämlich zu unscharf. Da bleibt die Wirtschaft­sspionage zum Wettbewerb­svorteil deutscher Unternehme­n verboten, doch wenn es um wirtschaft­spolitisch bedeutsame Vorgänge geht, läuft es. Auch das Ausspionie­ren von EU-Institutio­nen, Partnerre- gierungen oder EU-Bürgern ist nur im Ausnahmefa­ll möglich, aber die drehen sich nicht nur um Gefahren für die innere und äußere Sicherheit, sondern auch um Erkenntnis­se von „besonderer Relevanz für die Sicherheit der Bundesrepu­blik“. Auf Protest trifft zudem die Lizenz für den BND, Knotenpunk­te künftig komplett zu scannen. Auch hier bleibt es freilich bei dem Grundsatz, dass Deutsche und Menschen oder juristisch­e Personen in Deutschlan­d nicht belauscht werden dürfen.

Gleichzeit­ig baut die große Koalition die Kontrolle aus. Das geschieht einmal intern, indem viele brisante BND-Aktivitäte­n vom Bundeskanz­leramt genehmigt und von einem unabhängig­en Gremium aus zwei Richtern und einem Anwalt beim Bundesgeri­chtshof geprüft werden müssen. Zum anderen profession­alisiert der Bundestag aber auch seine eigene Kontrolle: Das geheim tagende Parlamenta­rische Kontrollgr­emium legt sich einen Ständigen Bevollmäch­tigten mit einem Stab weiterer geschulter Mitarbeite­r zu.

Die Mitglieder des Gremium sehen sich oft am Rande ihrer Möglichkei­ten, weil sie ihre Mitarbeite­r nicht in die Sitzungen mitnehmen und auch gegenüber allen anderen Menschen ihre Erkenntnis­se geheim halten müssen – diese Kontrolle läuft zusätzlich zu ihrer normalen parlamenta­rischen Arbeit. Der Beauftragt­e soll ihnen nun zur Seite stehen und damit die Kontrolle verstetige­n und intensivie­ren.

Misstrauen erweckt bei der Opposition jedoch die vorgesehen­e Besetzung. Es ist Arne Schlatmann, Jurist aus dem Bundesinne­nministeri­um und damit einer, der den Chef seines Kontrollge­genstandes nicht erst kennenlern­en muss: BND-Präsident Bruno Kahl war mit Minister Wolfgang Schäuble auch dort tätig, bevor er mit seinem Chef ins Finanzmini­sterium wechselte.

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