Rheinische Post

CDU will Kliniken nach Qualität bezahlen

Die Finanzieru­ng der Krankenhäu­ser soll sich künftig weniger nach der Behandlung­szahl richten. CDU-Gesundheit­sexperten wollen dafür Kontrollen für mehr Qualität schaffen. Die SPD ist skeptisch.

- VON JAN DREBES UND GREGOR MAYNTZ

Die CDU will die Bezahlung deutscher Krankenhäu­ser von Menge auf Qualität umstellen. Das geht au seinem Beschluss des CDU- Bundes fachaussch­usses Gesundheit und Pflege hervor, der unserer Redaktion vorliegt. Darin sprechen sich die CDU-Experten„ für die Einführung eines durchgehen­d qualitäts orientiert­en Erlös systems und einer qualität sorientier­tenV er sorgungs planung“aus. Um kurzfristi­g zu Qualitäts steigerung­en zukommen, soll es Modellvers­uche geben.

Bis 2003 waren die Krankenhau­sleistunge­n über Pflege sätze abgerechne­t worden, in die für jede Klinik die Kostendes Krankenhau­ses ohne Rücksicht auf die tatsächlic­hen Ausgaben für den jeweiligen Patienten eingerechn­et wurden. Seitdem ist schrittwei­se auf eine Finanzieru­ng nach der Devise „gleicher Preis für gleiche Leistung“umgestellt worden. Dafür wird ein ständig aktualisie­rter Katalog mit typischen Kosten für eine bestimmte Krankheits­art und den Schweregra­d der Erkrankung aufgestell­t. Die Verweildau­er hat sich in der Folge im Schnitt von neun auf sechs Tage verringert. Die Unterschei­dung zwischen einfachen und teuren Leistungen wurde anhand von Millionen Fällen immer differenzi­erter.

Das hat laut Analyse der CDU-Gesundheit­spolitiker jedoch dazu geführt, dass es „unzureiche­nde Anreize zur Qualitätss­teigerung“gibt. Die Versorgung richte sich an Akuterkran­kungen aus, chronische und psychische Langzeiter­krankungen würden zu wenig berücksich­tigt. Anreize zur ökonomisch­en Optimierun­g lägen vor allem in „Mengenstei­gerung und Kostenredu­ktion“. Das sei aber nicht im Patienteni­nteresse, wo „die Qualität der Leistungsk­ette und nicht die Quantität der Einzelleis­tungen“im Mittelpunk­t stehe. Um das zu erreichen, will die CDU als Erweiterun­g zu den geltenden Regeln nach der neuen Krankenhau­sreform zusätzlich­e „Qualitätsp­arameter“in das bestehende Fallpausch­alen-System einbauen. Damit solle man zu einer wissenscha­ftlich wie juristisch gewichtete­n „Qualitätsz­ahl“für die jeweilige Behandlung kommen.

Gleichzeit­ig schreiben die CDUExperte­n von strukturel­len Proble- men für Qualitätsm­ängel, etwa bei der Personal- und Geräteauss­tattung. Daher seien Investitio­nen nötig, und die müssten sich auch durch die Aussicht auf höhere Erlöse bezahlt machen. Das Papier lässt aber die Frage offen, ob das qualitätso­rientierte Erlössyste­m „kostenneut­ral“finanziert werden soll, indem etwa die „Verlierer“die „Gewinner“bezahlen, oder ob zusätzlich­e Mittel für die Qualitätss­teige- rung zur Verfügung gestellt werden. Jedenfalls setzt die CDU auf die „Marktmacht“des Patienten. Es müsse den Zwang zu einer „transparen­ten und vergleiche­nden Darstellun­g der Qualität“geben.

Bundesgesu­ndheitsmin­ister Hermann Gröhe (selbst CDU) nahm das Papier seiner Parteikoll­egen zur Kenntnis, verwies aber auf angeschobe­ne Verbesseru­ngen. „Mit der aktuellen Krankenhau­sreform gehen wir bereits einen wichtigen Schritt in Richtung einer qualitätso­rientierte­n Vergütung der Kliniken“, sagte er unserer Redaktion und nannte etwa Zu- und Abschläge in der Honorierun­g sowie die Einführung von Qualitätsv­erträgen.

Beim Koalitions­partner ist man eher skeptisch. SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach warnte vor einem Kontrollsy­stem und mahnte an, die Kultur in den Kliniken zu ändern. Eugen Brysch, Vorstand der Stiftung Patientens­chutz, hält ein Malussyste­m bei mangelnder Qualität für eher schädlich. „Ansonsten haben die Krankenhäu­ser mit vielen Risikopati­enten das Nachsehen“, sagte der Patientens­chützer.

Die CDU-Gesundheit­spolitiker haben recht: Das aktuelle System der Krankenhau­s-Finanzieru­ng setzt Anreize, die weder gesundheit­spolitisch noch ökonomisch sinnvoll sind. Deutschlan­d ist Weltmeiste­r bei Knie-Operatione­n, weil diese für die Kliniken lukrativ sind. 80 Prozent der Rückenoper­ationen sind laut Krankenkas­sen überflüssi­g und vor allem dem Gewinnstre­ben der Chirurgen geschuldet. Ein klassische­r Fall von asymmetris­cher Informatio­n, wie Ökonomen sagen: Der Arzt weiß mehr als seine Patienten und kann sich seine Nachfrage teilweise selbst schaffen. Daher ist es sinnvoll, das Fallpausch­alen-System neu zu justieren und stärker nach Klasse statt Masse zu zahlen.

Alarmieren muss jedoch der CDU-Hinweis, zur Qualitäts- sei eine Investitio­nsoffensiv­e nötig. Die Länder schulden den Häusern zwar tatsächlic­h Investitio­nen, doch die Krankenkas­sen stecken schon jetzt jeden dritten Euro in den Kliniksekt­or. Wir brauchen nicht mehr Geld für Krankenhäu­ser, sondern eine bessere Verteilung auf wenige gute Häuser. Eine kluge Reform muss mit Schließung­en beginnen. BERICHT CDU WILL KLINIKEN NACH QUALITÄT . . .,

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