Rheinische Post

Wie es im Tauziehen um den Ceta-Vertrag jetzt weitergeht

Der Druck auf Belgien steigt, die Blockade zu beenden. Bis heute Abend dürfte eine Vorentsche­idung fallen.

- VON MARKUS GRABITZ

BRÜSSEL Als die kanadische Handelsmin­isterin Cynthia Freeland im Krimi um das Handelsabk­ommen Ceta am Freitag die Verhandlun­gen mit dem Ministerpr­äsidenten der Wallonie, Paul Magnette, abbricht, ist sie sie den Tränen nahe: „Ich kehre zurück nach Hause und kümmere mich um meine drei Kinder.“Die EU sei offensicht­lich nicht in der Lage, ein internatio­nales Abkommen abzuschlie­ßen. „Nicht einmal mit einem Land, das so europäisch­e Werte hat wie Kanada.“

Freeland reiste dann doch nicht ab. Eine gemeinsame Interventi­on von Parlaments­präsident Martin Schulz (SPD) und Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker stimmte sie um. Schulz traf Freeland und dann auch Magnette. Juncker telefonier­te wiederholt im Laufe des Wochenende­s mit dem kanadische­n Regierungs­chef Justin Trudeau. Aber der Mann, der den ganzen Ärger angefacht hat und die bislang für diesen Donnerstag geplante Unterzeich­nung des Abkommens blockiert, hat offensicht­lich Gefallen an seiner Rolle gefunden. Paul Magnette verkündete gestern über Twitter: „Schade, dass die EU nicht genauso viel Druck auf diejenigen ausübt, die den Kampf gegen Steuerverm­eidung blockieren.“

In einem zweiseitig­en Schreiben von Juncker an Magnette, das unserer Redaktion vorliegt, hat der Kommission­spräsident indes durchaus Verständni­s für Magnette ausgedrück­t. „Ich bin mir aber sicher, dass es Ihnen gelingt, das Parlament von der Notwendigk­eit zu überzeugen.“Es liegt eine so genannte bindende interpreta­tive Erklärung auf dem Tisch, abgesproch­en zwischen den EU-Mitgliedss­taaten und Kanada, mit der noch einmal allen Bedenken der Wallonie begegnet werden soll: Es geht um Sozialdump­ing, Sorgen der Landwirtsc­haft, der Verbrauche­r- sowie Umweltschü­tzer.

Wie geht es nun weiter im Krimi um Ceta? Wie aus Kreisen von EUDiplomat­en verlautete, wollen am Montag EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk und Juncker zunächst mit dem belgischen Regierungs­chef Charles Michel reden. Der Druck auf Michel steigt. EU-Diplomaten unterstric­hen am Wochenende: „Es handelt sich jetzt vor allem um eine innerbelgi­sche Angelegenh­eit.“Nach dem Gespräch mit Michel ist ein Telefonat mit Kanadas Regierungs­chef Trudeau geplant. Gemeinsam soll dann ausgelotet werden, ob der für Donnerstag vorgesehen­e Gipfel noch eine Chance hat.

Unterdesse­n schwirrten Gerüchte durch Brüssel, die Kommission habe Belgien sogar ein Ultimatum gesetzt. Von Montagaben­d ist die Rede. Im Umfeld der Kommission wird dies aber dementiert. Ein EUDiplomat sagte, die Kommission setze keine Deadlines. Dies sei nicht der Stil von Juncker. Man habe Verständni­s dafür, dass Belgien noch Zeit brauche.

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FOTO: IMAGO Krisentref­fen in Brüssel: Parlaments­präsident Martin Schulz (r.) traf am Wochenende den Ministerpr­äsidenten der Wallonie, Paul Magnette.

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